3.600 Biobetriebe gibt es mittlerweile in Österreich, sie bewirtschaften knapp ein Viertel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche – zu wenig. Viel Bioware wird importiert.

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Sechs Biofreilandeier zum Aktionspreis von 2,79 Euro? Oder doch die teurere Sechserpackung vom "Wiesen- und Kräuter-Wanderhuhn"? Die Eier Marke Eigenbau gäbe es schon um 1,69 je Karton. Da sind sogar zehn statt nur sechs Stück drin.

Manche Konsumenten geraten spätestens vor dem Eierregal im Supermarkt ins Grübeln. Und nicht nur dort. Längst sind Biolebensmittel der Nische, in der sie einmal steckten, entwachsen. Supermärkte und Diskonter weiten ihr Sortiment immer mehr aus. Ob Milch, Käse, Gemüse, Fleisch, Brot oder Eier – die Grundnahrungsmittel gibt es heute fast überall auch in der Ökovariante.

Mit einem Bioanteil von fast acht Prozent im Lebensmittelhandel liegt Österreich noch vor Deutschland, dem größten Bioeinzelmarkt Europas. Eine Erfolgsgeschichte – eigentlich. Der Rechtfertigungszwang so mancher Biobauern nimmt dennoch zu.

"Bio steht für eine ökologische, sozial gerechtere Landwirtschaft. Mehr sollte man dazu nicht sagen müssen. Der Punkt ist aber, dass vonseiten der konventionellen Landwirtschaft zunehmend Kritik an der Biolandwirtschaft kommt", sagt Thomas Lindenthal, Leiter des Zentrums für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit an der Universität für Bodenkultur, dem STANDARD. Der Vorwurf: Sie verbrauche zu viel Fläche und bringe zu wenig Ertrag.

Gentechnik und Drohnen

"Die Forderung geht dahin, Gentechnik einzusetzen und mittels Drohnen sowie satellitengestützter Systeme zielgenau zu düngen und Pflanzenschutzmittel auszubringen. Das ist das Paradigma des Business as usual, nur grün getüncht – ein Irrweg", wie Lindenthal versichert. Die Biolandwirtschaft, klein strukturiert und mit stark regionalem Bezug wie in Österreich, gerate dadurch zunehmend unter Druck.

Bio sei in einigen Bereichen gar nicht besser, höre man immer öfter. "Als Beleg wird gerne der CO2-Fußabdruck oder der Wasserverbrauch pro Kilogramm produzierter Ware angeführt", sagt Lindenthal. "Alle anderen ökologischen Indikatoren werden ausgeblendet, ganz egal, ob das der Einsatz von Pestiziden ist, der Energieaufwand oder der Verlust an Biodiversität." Dem müsse und wolle man nun etwas entgegensetzen.

Zusammen mit Werner Lampert, dem Ökopionier aus Vorarlberg, wurde nun erstmals ein umfassendes Bewertungssystem ersonnen, das alle relevanten Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt. Dabei wird auf Richtlinien der UN-Ernährungs- und -Landwirtschaftsorganisation FAO aufgesetzt.

Nachhaltigkeitslabel

"Kreislauf des Lebens" heißt das Label, das auf einigen entsprechend geprüften Produkten der Hofer-Biomarke "Zurück zum Ursprung" bereits prangt. Begonnen wurde bei Milchprodukten; bis Mitte 2019 sollen alle 400 Bioartikel im Sortiment des Lebensmitteldiskonters auf ihre Nachhaltigkeit hin abgeklopft sein.

Prüfinstanz ist das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl). Projektleiter ist Thomas Lindenthal von der Boku; gut ein Dutzend Personen sind in das Projekt, das auch Hofbesuche inkludiert, involviert. In Stichproben wird untersucht, um wie viel besser die Biolandwirtschaft in einer bestimmten Region verglichen mit konventioneller Landwirtschaft ebendort ist. Detailergebnisse sind im Internet nachzulesen.

"Wir wollen eine neue Dynamik in die Biolandwirtschaft bringen", sagt Lampert. Er hat in den 1990er-Jahren einen der ersten Bioläden in Wien betrieben, dann für Rewe die Biolinie "Ja! Natürlich" und für Hofer "Zurück zum Ursprung" auf Schiene gebracht. "Auch in der Biolandwirtschaft muss sich jetzt die Spreu vom Weizen trennen", ist Lampert überzeugt.

Transparenz sei das Gebot der Stunde. Wenn der Konsument wisse, unter welchen Bedingungen das Produkt hergestellt werde, sei er auch bereit, mehr zu zahlen. (Günther Strobl, 18.5.2018)