Hartwig Kirner ist Chef von Fairtrade Österreich.

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Wien – Geht es nach Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich, soll es seinen Job irgendwann nicht mehr geben: "Das Ziel muss sein, dass der faire Handel der Normalfall ist und nicht die Ausnahme." Bis zu seiner Pensionierung wird sich das aber wohl nicht mehr ausgehen, sagt Kirner und zieht die Schultern nach oben.

Insgesamt läuft das Geschäft mit fair gehandelten Produkten gut. Rund 34 Euro gibt jeder Österreicher durchschnittlich pro Jahr für Fair-Trade-Produkte aus. Damit liegen heimische Konsumenten im internationalen Vergleich an der Spitze.

Der Verein, der mittlerweile 1.900 Produkte mit dem grün-blauen Siegel versehen hat, feiert heuer sein 25-jähriges Bestehen in Österreich. "Seither hat sich einiges getan", sagt der Geschäftsführer. Seit 1993 sei der Umsatz stetig gewachsen, in den vergangenen vier Jahren wurde er auf 300 Millionen Euro fast verdoppelt.

Bioboom und Kakao

Die Steigerungen sind vor allem dem Kakaoprogramm zuzuschreiben, sagt Kirner. Aber auch die zunehmende Bekanntheit bei Konsumenten und Unternehmen würde das Geschäft vorantreiben. Kirner, der seit 2007 Chef von Fairtrade Österreich ist, erinnert sich, dass Unternehmer früher noch skeptisch gegenüber dem Siegel waren: "Wenn ich nur einen Teil meines Sortiments zertifiziere, heißt das dann, dass der Rest unfair ist?", wurde er oft gefragt. Mittlerweile sei das Gütesiegel in Österreich gut etabliert.

Ein weiterer Grund für die Zuwächse ist laut Kirner der Bioboom, von dem Fair Trade vor allem im Bananensektor profitieren konnte. Mehr als 23.000 Tonnen faire Biobananen wurden 2017 in Österreich konsumiert: "Insgesamt ist jede vierte Banane in Österreich Fair Trade."

Für andere exotische Früchte sieht der Geschäftsführer hingegen aufgrund der geringen Absatzmengen und Diskonterpreise keinen Markt: "Die Ananas ist in Österreich preislich so verdorben, dass da für faire Preise nur schwer Platz ist." Auch andere neue Produktgruppen sind derzeit nicht geplant: "Wir wollen zuerst in den bestehenden Warengruppen wachsen." Großes Potenzial sieht Kirner dabei im Kaffeesegment, wo der Fair-Trade-Anteil in Österreich erst bei sieben Prozent liegt.

Interesse in Deutschland wächst

Auch das zunehmende Interesse deutscher Konsumenten an fair gehandelten Produkten könnte das Geschäft weiter antreiben. "In Deutschland herrschte bisher ein extremer Diskontmarkt", sagt Kirner. Erst in den vergangenen Jahren sei der faire Markt in Deutschland "massiv gewachsen", davon könnten auch heimische Unternehmen profitieren.

Das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht: "Derzeit wird nur ein Drittel der Ernte von Fair-Trade-Bauern als Fair Trade verkauft, zwei Drittel konventionell", sagt Kirner. Er hofft, dass der Prozentsatz in den nächsten Jahren auf über 50 Prozent steigt. "Der Impact im Süden muss noch stärker werden." (Nora Laufer, 18.5.2018)