Seit der Marktöffnung ist der Schienengüterverkehr zu einem beinharten Geschäft geworden.

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Wien – Im Abgang erwies sich Verkehrsminister Jörg Leichtfried als überaus gnädig zur ÖBB. Mitte November ließ der nunmehrige Europasprecher der SPÖ-Fraktion im Nationalrat der ÖBB-Güterbahn Rail Cargo Austria (RCA) noch ein paar Millionen an zusätzlicher Förderung für Gütertransporte zuteilwerden.

Exakt 8.631.267 Euro wurden Mitte November unter diesem Titel vom Verkehrsministerium an die für Abwicklung und Abrechnung staatlich finanzierter Schienenverkehrsleistungen im Personen- und Güterverkehr zuständige Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft (Schig) überwiesen.

Über 90 Millionen Euro

Das erschließt sich aus einem Schreiben der Schig vom 16. November 2017 an das Verkehrsministerium, das dem STANDARD vorliegt. Zwei Tage zuvor waren von der Schig bereits 90,99 Millionen Euro beantragt worden – "zur Abwicklung der Vorschusszahlungen" aus dem Titel Schienengüterverkehr-Beihilfe (SGV).

Die 8,6 Millionen Euro fließen der RCA (im Wege der Schig) demnach "zusätzlich aufgrund erhöhten Bedarfs für den Einzelwagenverkehr" zu, "sodass sich insgesamt für Dezember 2017 ein um den zusätzlichen Bedarf erhöhter Anforderungsbetrag in Höhe von 99.624.761,00 ergibt", rechnet der zuständige Sachbearbeiter der dem Verkehrsministerium nachgeordneten Schig seinem Ansprechpartner im Ministerium am 16. November vor.

Diese 99,62 Millionen sind ein völlig neuer und vor allem ein deutlich höherer Betrag, als in der Ende April präsentierten ÖBB-Konzernbilanz unter dem Titel "Gemeinwirtschaftliche Leistungen" (GWL) ausgewiesen wurde.

Dort gibt die Bahn die GWL-Förderung für den Güterverkehr mit 91 Millionen Euro an – ein Betrag, der ganz klar mit den 90,99 Millionen Euro korrespondiert, die die Schig in ihrem Brief unter dem Titel "Weitere Mittelanforderung Vorauszahlung SGV-Beihilfe" für 2017 ausweist.

Punktlandung

Im Lichte dieser zusätzlichen Millionen bekommt die "Punktlandung", für die ÖBB-Holding-Chef Andreas Matthä die Bahn und ihren 2017 erwirtschafteten Vorsteuergewinn von 176 Millionen Euro lobte, eine besondere Note. Klar ist aber auch, dass der Konjunkturaufschwung die Bahn anschiebt – und mit ihr das Aufkommen im Einzelwagenverkehr (dabei werden Waggons unterschiedlicher Beladung zu einem Zug zusammengebunden). Der Mehraufwand gegenüber dem Ganzzugverkehr entsteht unter anderem durch Verschub.

Wiewohl nicht unterstellt wird, dass RCA die kurzfristig gewährte Zusatzförderung zu Unrecht bezieht, rechtfertigt die ÖBB deren Bezug als eine von der EU genehmigte Beihilfe und Ersatz für die 2012 abgeschaffte GWL-Förderung, die allen in Österreich tätigten Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) zur Verfügung steht. Sie gilt für Einzelwagenverkehr, unbegleiteten kombinierten Verkehr und die Rollende Landstraße.

Liberalisierung

"Die bezogenen "Leistungen müssen und werden selbstverständlich jährlich im Geschäftsbericht der ÖBB angeführt und veröffentlicht", betont ÖBB-Sprecherin Juliane Pamme. Die Zahlenangaben mit 91 Millionen Euro werden vom Fördergeber BMVIT im jährlich herausgegebenen Bericht ausgewiesen und sind natürlich korrekt." Wie hoch sie heuer sein werden, steht laut Insidern noch nicht im Detail fest.

Wie sehr die Liberalisierung im Schienengüterverkehr dem früheren Monopolisten zusetzt, lässt sich an noch nicht veröffentlichten Zahlen des Schienenregulators ablesen. Insgesamt wurden in Österreich im Vorjahr knapp 120 Millionen Nettotonnen Fracht (inklusive Leerfahrten) von allen in Österreich aktiven EVU befördert. Davon knapp 75 Millionen Tonnen transportierte die RCA, erfuhr der STANDARD in wohlinformierten ÖBB-Kreisen.

Der Unterschied zu den im ÖBB-Geschäftsbericht ausgewiesenen 115 Millionen Nettotonnen der RCA ist rasch erklärt: Darin ist auch das Auslandsgeschäft der Rail-Cargo-Gruppe inkludiert, allen voran Ungarn mit 33,2 Millionen Tonnen. Die ÖBB-Konkurrenz transportierte in Österreich rund 45 Millionen Tonnen, vorwiegend auf Ganzzügen. Die Folge: Die Margen erodieren. (Luise Ungerboeck, 18.5.2018)