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Eigentlich bereit für seniore Positionen – aber recht ernüchtert, was die Jobwirklichkeit betrifft: die ab 1980 geborenen "Millennials".

Foto: Getty Images

Die Erwartung ist seit vielen Jahren gut beforscht: Die sogenannten Millennials (ab rund 1980 bis 2000 geboren), auch Generation Y genannt, wollen im Job etwas Sinnvolles tun. Sie wollen Firmen, die sich sozial engagieren, fair bezahlen und Flexibilität gestatten, sie wollen dauernd Feedback und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.

Unternehmen, die professionelles Arbeitgebermarketing betreiben, haben die Jungen auch genau damit angelockt. Nur: Gestimmt hat es offenbar nicht. Denn jetzt, nach einigen Jahren Erfahrung im Arbeitsleben, sind die gut ausgebildeten Millennials eigentlich dran, seniore Positionen einzunehmen, aber enttäuscht. Und bereit, sich schnell wieder abzuwenden.

Handlungsbedarf

Ein dramatischer Befund für Firmen – da hilft auch nicht zu sagen: Ja, die sind halt verwöhnt worden von ihren Helikoptereltern, gepampert und angefüllt mit übersteigertem Selbstbild. Unternehmen sind mit dem Thema konfrontiert, eine ganze Generation an Young Professionals zu haben, die bereits kapiert hat, dass es nicht so läuft wie gedacht. Entlang einer auf den Kopf gestellten demografischen Pyramide haben sich Arbeitgeber ein riesiges Glaubwürdigkeitsproblem eingehandelt. Das ist relevant, denn sehr viele von dieser (Erben-)Generation haben auch keine krassen (ökonomischen) Zwänge durchzuhalten, in saure Äpfel zu beißen.

Erlebte Wirklichkeit

Konkret: Im Zuge einer aktuellen Befragung in 36 Ländern hat das Beratungsunternehmen Deloitte die aktuelle Stimmungslage unter Millennials und der ihr nachfolgenden Generation Z erhoben. Mehr als 10.000 Menschen wurden interviewt. Dabei zeigt sich etwa ein großes Erwachen in Sachen sozialem Engagement: Während 2017 noch 65 Prozent vom ethischen Handeln der Unternehmen überzeugt waren, sind es aktuell nur 48 Prozent. Lediglich 47 Prozent sind der Meinung, dass Unternehmen einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten.

Das zunehmende Misstrauen der Millennials wirkt sich auch auf deren Jobzufriedenheit aus. Insgesamt geben nur 28 Prozent an, mehr als fünf Jahre bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber bleiben zu wollen. 43 Prozent der Befragten wollen ihren Job bereits in den nächsten zwei Jahren wechseln.

Und wo stellt sich die Gen Y das Gras grüner vor? Ausgerechnet in der Gig-Economy. Von jenen Millennials, die ihren Job in den nächsten zwei Jahren wechseln möchten, sehen die meisten im Konzept der Gig-Economy eine attraktive zusätzliche Einnahmequelle neben einer Vollzeitanstellung. 43 Prozent können sich vorstellen, sich ganz auf das neue Arbeitsmodell einzulassen. Als Hauptargument nennen fast zwei Drittel den finanziellen Anreiz. Flexiblere Arbeitszeiten sind ebenfalls ein häufig genannter Grund.

Das Digi-Problem der Gen Y

Interessant ist, dass die Mittzwanziger offenbar genau wissen, dass die Halbwertszeit ihres Wissens auch sehr kurz geworden ist. Gerade sie, die "digitale DNA" in Unternehmen bringen sollen – weswegen quasi am anderen Ende der Belegschaft ab 45+ gekürzt wird, wo nur geht –, sind mit Digitalisierung überfordert und fühlen sich alleingelassen.

Dabei ist ihr Blick glasklar: 70 Prozent der Millennials rechnen mit großen Veränderungen aufgrund des digitalen Wandels. Das führt bei vielen zu Verunsicherung. Lediglich 36 Prozent fühlen sich auf künftige Entwicklungen gut vorbereitet. Sagt eine Generation, auf der ein sehr hoher Anspruch lastet, was Innovation, Erneuerung und digitale Transformation betrifft. "82 Prozent wünschen sich On-the-Job-Trainings, um sich in der digitalisierten Welt zurechtzufinden. Der Großteil gibt jedoch an, von ihrem Arbeitgeber keine Unterstützung zu erhalten", erklärt Deloitte-Beraterin Anna Nowshad.

Die Vermutung, dass das Gras in der Gig-Economy und der Crowdwork auf Abruf 24/7 doch nicht grüner ist – was sich spätestens beim Wunsch nach Familie, vielleicht erst Ende 30, herausstellen dürfte –, kann Personalchefs jetzt nicht trösten. Jetzt wackelt das Gebäude. (kbau, 22.5.2018)