Eine eigene Meinun zu haben, werde im DFB-Team geschätzt, sagt Bundestrainer Joachim Löw.

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Berlin/Wien – Joachim Löw hat die Kritik des aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zurückgetretenen Sandro Wagner von Bayern München knallhart pariert. "Ich empfinde es als Kritik gegenüber seinen Kollegen, die auch spielen. Er stellt manche dar, die bei uns schon ewig spielen, die zu den Führungsspielern gehören, als wären sie ausgemachte Vollidioten", sagte Bundestrainer Löw am Freitag am Rande einer Veranstaltung der Bild-Zeitung in Berlin: "Als ob sie nur deswegen bei uns sind, weil sie nicht ihre Meinung sagen."

Wagner war nach seiner Nichtnominierung für die WM in Russland (14. Juni bis 15. Juli) zurückgetreten. Er erhob indirekt den Vorwurf, Löw akzeptiere nur Ja-Sager. "Für mich ist klar, dass ich mit meiner Art, immer offen, ehrlich und direkt Dinge anzusprechen, anscheinend nicht mit dem Trainerteam zusammenpasse", hatte der Stürmer verlautbart. Wagner, 2017 von Hoffenheim verpflichtet, ist bei den Bayern kein Stammspieler. Seine Aufgabe ist die gelegentliche Vertretung von Robert Lewandowski. In der Bundesliga kam Wagner in dieser Saison auf 25 Einsätze, davon 18 von Beginn an. Er erzielte dabei 12 Tore.

Löw: Kritische Geister sind gern gesehen

"Ich kann ein Stück weit nachvollziehen, dass er enttäuscht ist, das ist ja klar", so Löw. "Ich finde seine Reaktion ein bisschen überzogen", fügte er hinzu, denn: "Jeder, der uns kennt, weiß, wie wir die Spieler immer anhalten, ihre Meinung zu sagen, offen und ehrlich zu sein, uns kritisch gegenüberzutreten. Diese Dinge werden bei uns groß geschrieben."

Wagner (30) hatte am Mittwoch nach nur acht Länderspielen das Ende seiner Teamkarriere verkündet, nachdem Löw ihn am Dienstag nicht einmal in den vorläufigen 27er-Kader berufen hatte. "Für mich ist klar, dass ich mit meiner Art, immer offen, ehrlich und direkt Dinge anzusprechen, anscheinend nicht mit dem Trainerteam zusammenpasse", sagte der Stürmer. Er könne Löws Entscheidung "nicht ernst nehmen".

Faktor Teamfähigkeit

Löw nannte bei der Nominierung neben sportlichen Kriterien allgemein den Faktor Teamfähigkeit. "Die Mannschaft muss nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb funktionieren", sagte er. Und zog Wagner Timo Werner (RB Leipzig), Mario Gomez (VfB Stuttgart) und Nils Petersen (SC Freiburg) als klassische Strafraumstürmer vor. "Er ist ein sehr, sehr guter Joker", sagte Löw bei der Kaderpräsentation am Dienstag über den 29-jährigen Petersen. "Mein Gefühl sagt, mir dass er mit der Aufgabe wachsen kann."

Es tue ihm "wahnsinnig leid", so Löw damals, aber seine Entscheidung sei eine "für Petersen und Gomez und nicht gegen Wagner" gewesen. Und es gehöre leider zu seinem Job, "Träume platzen zu lassen". Auch die Spieler, die nicht dabei seien, "sind hervorragende Fußballer und super Typen. Sie sind vielleicht nach der WM wieder dabei." Für Wagner gilt das nicht mehr. (sid, red, 18.5. 2018)