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Mitarbeiter des Gesundheitssystems bereiten sich im Kongo auf Patientenbesuche vor. Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr von Ebola, werden Betroffene in Quarantäne untergebracht.

Foto: Mark Naftalin/UNICEF via AP

Die schlimmsten Befürchtungen von Seuchenexperten sind eingetroffen: Die vor zehn Tagen bekannt gewordene Ebola-Epidemie in der Demokratischen Republik Kongo, die erstmals in dem kleinen Regenwald-Städtchen Bikoro im Nordwesten des Landes registriert wurde, hat sich jetzt auf die Millionenstadt Mbandaka ausgeweitet. Aus der rund 1,5 Millionen Einwohner zählenden Stadt am Kongofluss wurde am Donnerstag der erste bestätigte Fall der meist tödlich verlaufenden Infektionskrankheit gemeldet, zwei weitere Fälle müssen noch überprüft werden.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO sprach von einer "besorgniserregenden" Entwicklung: Nun bestehe die Gefahr einer "explosiven Zunahme" der Ansteckungsfälle, sagte der Vizechef der Behörde für Katastrophenfälle, Peter Salama. Das Virus sei in einer Stadt sehr viel schwerer zu kontrollieren.

Kein internationaler "Notfall"

Trotzdem erklärte das Notfall-Komitee der WHO den Ausbruch der Seuche nicht als "Notfall im Gesundheitswesen mit internationaler Bedeutung". Nach einer Sitzung des WHO-Komitees sagte dessen Vorsitzender Robert Steffen am Freitag, die Epidemie sei noch unter Kontrolle.

Nach dem Übergriff der Seuche auf das am Kongo-Fluss gelegene Mbandaka besteht die Gefahr, dass sich das Virus auch in anderen Teilen des Landes ausbreitet. Außerdem sind nun auch die Nachbarstaaten einer erhöhten Gefahr ausgesetzt, vor allem die am anderen Flussufer gelegene Republik Kongo. Vor der Sitzung ihres Notkomitees hatte die WHO die Gefahr für die Demokratische Republik Kongo als "sehr hoch", für ihre Nachbarländer als "hoch" und für den Rest der Welt als "gering" eingeschätzt.

Panik in Mbandaka

Die Nachricht von den aktuellen Ebola-Fällen löste in Mbandaka offenbar Panik aus. Viele Menschen suchen die Stadt mit dem Boot zu verlassen, andere schütteln sich nicht mehr die Hände oder kaufen sämtliche Vorräte an Desinfektionsmitteln auf. "Wenn es die staatlichen Stellen erlaubt haben, dass das Virus bis hierher gekommen ist, dann befinden wir uns jetzt alle in Lebensgefahr", sagte Constantine Boketshu, Frau eines Soldaten zu AFP: "Die hygienischen Verhältnisse hier sind völlig unzureichend."

Bis Freitag waren dem kongolesischen Gesundheitsministerium 14 bestätigte, 21 wahrscheinliche und zehn vermutete Ebola-Fälle gemeldet worden, 25 Menschen sollen bereits gestorben sein. Ärzte ohne Grenzen richteten in Bikoro und Mbandaka zwei Isolierstationen ein: Außerdem sollen mehrere Tonnen an medizinischer Ausrüstung in den Kongo geflogen werden. Darunter 300 Leichensäcke aus robustem Plastik, in denen die ansteckenden Opfer der Seuche begraben werden können.

Impfstoff zur Verwendung freigegeben

Bereits in der Hauptstadt Kinshasa eingetroffen sind 4000 Einheiten des vom amerikanischen Pharmakonzern Merck entwickelten Impfstoffs "rVSV-ZEBOV", der sich während der Ebola-Epidemie in Westafrika vor drei Jahren als erfolgversprechend herausgestellt hatte. Das Präparat ist zwar noch nicht offiziell zugelassen, wurde von der Regierung jedoch zur Verwendung freigegeben. Da der Impfstoff bei Temperaturen zwischen minus 80 und minus 60 Grad aufbewahrt werden muss, wird er in der Hauptstadt Kinshasa zwischengelagert und muss bei Bedarf vor Ort geflogen werden. Mit der Impfung vor allem von Pflegekräften soll am Montag begonnen werden.

Schon jetzt befinden sich rund 100 Experten der WHO und Ärzte ohne Grenzen im Epidemie-Gebiet, womöglich werden auch zahlreiche Mitarbeiter des Center for Disease Control (CDC) dazu stoßen. Wichtigste Aufgabe der Experten ist, die Kontakte der Infizierten zu eruieren. Als erster bekanntgewordener Fall gilt ein Polizist in dem Dorf Ikoki-Impenge bei Bikoro, nach dessen Beerdigung elf Angehörige erkrankten – sieben von ihnen sind gestorben. (Johannes Dieterich, 19.5.2018)