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Großdemo gegen Israel und US-Präsident Donald Trump.

Foto: Reuters / Murad Sezer

Istanbul – Die eine Machtdemonstration hat Tayyip Erdoğan in der Hand, die andere nicht. Zehntausende Menschen versammelte der türkische Staatschef am Freitag in Istanbul für eine Großkundgebung zur Unterstützung der Palästinenser und als Protest gegen die von Gewalt begleitete Botschaftseröffnung der USA in Jerusalem. Nur ein Dutzend Staats- und Regierungschefs aber folgten der Einladung Erdoğans zu einem Sondergipfel der islamischen Länder am selben Tag in Istanbul.

Auch an der vorbereitenden Sitzung des Gipfeltreffens wenige Stunden davor nahmen die Außenminister von lediglich 15 der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) teil. Regierungsnahe Kommentatoren wie Berdal Aral, Politikprofessor an einer Istanbuler Universität, beklagten das "Schweigen der arabischen Welt". Wie schon beim Krisengipfel im Dezember 2017, als US-Präsident Donald Trump die Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem angekündigt hatte, schickten die wichtigen Staaten in Nahost wie Saudi-Arabien und Ägypten Minister zu Erdoğan; die Staatsoberhäupter kamen nicht – aus Rücksicht gegenüber den USA und aus Abneigung gegenüber den Führungsansprüchen der Türkei in der muslimischen Welt. Die Türkei hält allerdings derzeit die Präsidentschaft des OIC inne.

Wie schon im Dezember 2017 bekräftigten die Vertreter der islamischen Staaten den Anspruch der Palästinenser auf Jerusalem als Hauptstadt. Es gehe nun darum, zu verhindern, dass weitere Staaten dem US-Beispiel folgten und ihre Botschaft nach Jerusalem verlegten, erklärte Außenminister Mevlüt Çavusoğlu.

Dutzende Tote

Guatemala kündigte den Schritt bereits an, Tschechien ruderte wieder zurück. Mehr als 60 Palästinenser waren am Montag im Gazastreifen bei gewaltsamen Protesten gegen die Botschaftsverlegung erschossen worden. Der UN-Menschenrechtsrat sprach sich für eine unabhängige Untersuchung aus.

Der OIC-Gipfel fiel mitten in den türkischen Wahlkampf: Erdoğan nahm bei der Kundgebung in Istanbul auch seinen Verbündeten, den Chef der rechtsgerichteten Nationalistenpartei MHP, Devlet Bahçeli, mit auf die Bühne.

Die Teilnahme des österreichischen Botschafters in Israel an den Feierlichkeiten im Rahmen der Botschaftsverlegung nach Jerusalem zieht weitere Kritik nach sich. In Wien verurteilte der Rat der arabischen Botschafter in einem Brief an Außenministerin Karin Kneissl den Vorfall und rief zur Einhaltung von Völkerrecht und UN-Resolutionen auf. Botschafter Martin Weiss hatte als einer von vier Vertretern der EU-Staaten an einem Abendempfang im israelischen Außenministerium am Vortag der Botschaftseröffnung teilgenommen. Der Zeremonie selbst am Montag blieb er fern. Österreich halte weiterhin an seiner Botschaft in Tel Aviv fest, solange es keine verhandelte Lösung für Jerusalem zwischen Israel und den Palästinensern gebe, stellte Weiss klar. (Markus Bernath, 18.5.2018)