Die italienischen Leitartikler, sie überschlugen sich am Freitag beinahe: Die "Repubblica" erklärte, Italien "mache sich selbst irrelevant" mit dem Regierungsprogramm, das die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega ihren Mitgliedern über das Wochenende zur Abstimmung vorlegen wollten. Der "Corriere" forderte ein Ende des "politischen Abenteurertums" und eine Neugründung der Republik. Es waren ungewöhnliche Töne, selbst für ein Land, das politischen Kummer gewohnt ist. Allen seriösen Beobachtern ist klar: Kommt diese Regierung tatsächlich zustande, dann – Mamma mia! – ist Feuer am Dach.

Dabei ist die exzentrische Regierungsübereinkunft bereits abgeschwächt, die größten Verrücktheiten sind auf den 58 Seiten gar nicht enthalten. Noch vor wenigen Tagen wollten Sterne und Lega einen Schuldenerlass im Umfang von 250 Milliarden Euro, die europäischen Verträge radikal umschreiben und ein Referendum über den Euro abhalten. Jetzt soll im chronisch klammen Italien "nur" noch eine Flattax (15 bis 20 Prozent) eingeführt, eine dringend nötige Pensionsreform gekippt und ein Grundeinkommen von 780 Euro pro Monat beschlossen werden. Je nach Berechnung würden in Rom damit um die fünf Prozent Budgetdefizit, etwa 100 Milliarden Euro Kosten jährlich, auflaufen. Bereits jetzt steht das Land mit 132 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in der Kreide. Geriete die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone – und nur nebenbei: Österreichs zweitwichtigster Handelspartner – tatsächlich in eine wirtschaftliche Schieflage, wäre die Griechenlandkrise ein laues Lüftchen dagegen gewesen.

Abgesehen von den horrenden Zahlen: Vergangenes Jahr feierte die Union in ihrem Gründungsland 50 Jahre Römische Verträge. Heute steht dort eine rabiat-populistische Koalition kurz vor der Machtübernahme. Mit dieser werden das Vorantreiben der Bankenunion, die Reform der Eurozone und der gesamten Union nicht zu machen sein. Der französische Präsident Emmanuel Macron mag noch so viele Reden halten, die von Aufbruchstimmung strotzen. Wenn ein derart großes Mitgliedsland wie Italien nicht mitzieht, wird nichts daraus werden.

"Die spinnen, die Römer!" – das in alter gallischer Tradition festzustellen wird angesichts einer solchen Lage zu wenig sein. Kommt dieser Koalitionspakt, vor dem selbst der alte Hasardeur Silvio Berlusconi warnt, zustande, ist die große Krise zurück in Europa. (Christoph Prantner, 18.5.2018)