"Sie haben mich unterschätzt", sagte Nicolás Maduro zum wenig überraschenden Ausgang der Präsidentenwahl in Venezuela. Tatsächlich hat man ihn unterschätzt – etwa dahingehend, wie viel an Demokratie und Rechten er zu opfern bereit ist, um an der Macht zu bleiben. Man muss sich allerdings fragen, ob er glaubt, was er da sagt: Ist er wirklich überrascht, dass er eine Wahl gewonnen hat, bei der die Opposition großteils ausgeschlossen oder verhaftet war, zum Boykott aufgerufen hat oder im Exil ist? Bei der den Wählern der Verlust der Sozialhilfe angedroht wurde, wenn sie nicht für Maduro stimmen?

Trotz des hohen Aufwandes, der mit Repression betrieben wurde, war die Beteiligung historisch niedrig. Das zeigt, dass Maduros Legitimation abnimmt. Doch die Opposition kann diese Ablehnung nicht für sich nutzen: zum einen wegen des Drucks von Seiten der Regierung, zum anderen sind die Proteste ins Stocken geraten – vergangenes Jahr war die Bevölkerung noch zu Hunderttausenden gegen Maduro auf die Straße gegangen. Doch wer den ganzen Tag für Lebensmittel Schlange stehen muss, um nicht zu verhungern, hat keine Zeit zum Demonstrieren.

Die EU, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Staaten wollen das Wahlergebnis nicht anerkennen. Doch ihnen bleiben als Druckmittel wohl nur neue Sanktionen – die aber auch die "normale" Bevölkerung Venezuelas treffen würden. Also noch mehr Armut, noch mehr Flucht. (Noura Maan, 21.5.2018)