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Der Künstler Robert Indiana im Jahr 2013.

Foto: AP Photo/Lauren Casselberry

Vier Lettern, die zum Symbol der Antikriegsbewegung der 1960er-Jahre wurden: L – O – V – E: LOVE. Jeder hat den knalligen Schriftzug, eine massige, modifizierte Clarendon-Type mit dem keck schräggestellten "O", irgendwann einmal gesehen – ob im Museum, in einem Magazin oder im öffentlichen Raum, wo er über Billboards flimmerte, sich als skulpturale Botschaft uns in den Weg stellte oder als Acht-Cent-Briefmarke in die Welt verschickt wurde.

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Foto: AP

Weit weniger populär war der Künstler, der diese Ikone der Pop-Art, eines der bekanntesten Kunstwerke des 20. Jahrhunderts geschaffen hat: Robert Indiana. Neben Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg und Jasper Johns zählt Indiana zu den zentralen Figuren der Pop-Art. Am vergangenen Samstag starb der US-amerikanische Künstler in der Künstlerkolonie Vinalhaven in Maine, wohin er sich 1978 zurückgezogen und wo er zuletzt sehr isoliert gelebt hatte. Im September hätte Indiana seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Fluch und Segen des plakativen Motivs

Das Radikale an den aufeinandergestapelten roten Lettern auf blauem und grünem Grund, dessen Ur-Bild 1966 entstand, ist das Plakative ihrer Zeichenhaftigkeit. LOVE, das Indiana als Wortgedicht verstand und das als Skulptur aus Marmor, Aluminium sowie COR-TEN-Stahl, als Siebdruck, Plakat und Wandteppich existiert, wurde zum Logo.

Filmporträt: "Conversations with Robert Indiana"
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Fluch und Segen liegen aber auch hier eng beieinander, und so wurde wohl kaum ein anderes Werk so oft plagiiert und als Billigkopie verramscht oder auf T-Shirts gedruckt. Erst recht, weil das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) das Motiv ursprünglich als Weihnachtskarte bei Indiana in Auftrag gab und er ohne Copyrightvermerk nach dem damals gültigen Urheberrecht die Rechte an der kommerziellen Nutzung verlor. Eigene Variationen brachten ihm für das Design wenig ein – die Valentinstag-Briefmarke 1973 etwa nur 1.000 Dollar.

Robert Indianas "The Great American Love (Love Wall)" wurde im November 2017 bei Sotheby's in New York versteigert.
Foto: APA/AFP/Timothy A. Clary

Manche der Adaptionen waren aber auch Hommagen an das hippieske Make-Love-Kultgemälde, etwa die ebenfalls berühmt gewordenen Lettern A, I, D und S, mit denen die Künstlergruppe General Idea 1988 das HI-Virus ins Bewusstsein hob. Auch Rage Against the Machine zitierten Indiana mit R, A, G und E auf dem Cover von "Renegades" (2000), einem Album – wie passend – mit Cover-Versionen.

Neonzeichen der Tankstellen

Schon als Bub wollte der 1928 in New Castle geborene Robert Clark, der sich im Alter von 31 nach seinem Heimatbundesstaat nannte, Künstler werden. Aufgrund finanzieller Probleme seiner Eltern war er auf Stipendien angewiesen, um sein Studium der Literatur, Botanik und Philosophie zu finanzieren, trat deswegen in die Air Force ein.

1954 startete er seine Karriere in New York, wo er beeinflusst von den signalhaften Farben des sogenannten "Hard Edge", der amerikanischen Farbfeldmalerei und Protagonisten wie Ellsworth Kelly zu seiner eigenen Form des "Hard-Edge Pop" und der Druckgrafik fand. 1963 begegnete er auch Andy Warhol, mit dem er eng zusammenarbeitete. In einem Interview gestand er später ein, dass ihn auch die fetten Neonzeichen an den Tankstellen und die Schablonenschriften der Industriereklamen stets fasziniert hätten.

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Der Graf und die Gräfin von Devonshire bei einem Spaziergang durch eine Land-Art-Arbeit ("One Through Zero") von Robert Indiana im Park von Chatsworth House 2017.
Foto: Reuters/Darren Staples

Indianas LOVE-Arbeiten sind übermächtig, aber es wäre falsch, den Künstler auf eine hippieske Regenbogenattitüde zu reduzieren. Seine Zahlenbilder und -skulpturen spielen mit den symbolischen Bedeutungen der Ziffern, beziehen sich auf historische Daten, auf Highways – verknüpfen sich mit Worten, die der stets der Literatur verbundene Künstler aus Gedichten zitierte.

"Imperial Love" wird 2016 vor dem Museum Hamburger Bahnhof in Berlin abgesetzt.
Foto: APA/AFP/Tobias Schwarz

Arbeiten wie EAT, DIE, HUG und eben auch LOVE, die in den Sammlungen der größten Museen der Welt – darunter das MoMA, the Smithsonian Institution und das Whitney Museum of Modern Art – hängen, waren auch als kritische Antwort auf den sogenannten American Dream zu verstehen, späte Werke wie die sogenannten Peace-Paintings reagierten auf die Terroranschläge 2001 in New York. (Anne Katrin Feßler, 22.5.2018)

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"Ein Traum wird wahr, aber ein bisschen spät", kommentierte der 85-jährige Robert Indiana den Umstand, dass das New Yorker Whitney Museum ihm 2013 eine 95 Arbeiten umfassende Retrospektive ausrichtete.
Foto: AP Photo/Lauren Casselberry