Innsbruck/Wien – Schon längst ist Quantentechnologie nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken – sei es in Form von Siliziumtransistoren im Mikroprozessor oder als Laser in der Telekommunikation, sie alle basieren auf Quanteneffekten. Während diese sogenannte "erste Quantenrevolution" abgeschlossen scheint, läuft gerade die zweite: Quantencomputern und Quantenkommunikation wird das Potenzial nachgesagt, unsere Welt abermals auf den Kopf zu stellen.

Das Herz dieser zweiten Revolution bildet die Quantenverschränkung. Von Albert Einstein einst noch als "spukhafte Fernwirkung" abgetan, stellt sie nicht nur die Grundlage für gegenwärtige und zukünftige Quantentechnologien dar, sondern liefert auch den Schlüssel zum Verständnis von Quantenmaterie. Verschränkte Teilchen können physikalisch nicht als einzelne Teilchen mit definierten Zuständen beschrieben werden, sondern nur als Gesamtsystem. Selbst wenn sich verschränkte Teilchen in sehr großer Entfernung voneinander befinden, beeinflussen Veränderungen an einem Teilchen auch den oder die Partner unmittelbar.

Mit der Komplexität steigt die Herausforderung

Während dieser Effekt für einige wenige Teilchen bereits gut untersucht ist, stellt die Erforschung von Systemen aus vielen Teilchen eine Herausforderung dar, die sich mit herkömmlichen Methoden nicht bewältigen lässt. "Die Komplexität solcher Systeme nimmt exponentiell mit der Anzahl ihrer Teilchen zu", erklärt Benoit Vermersch vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

"Dadurch ist bereits ab einigen wenigen Teilchen die Grenze erreicht, ab der man sie mit klassischen Computern nicht mehr simulieren kann", so der Physiker, der gemeinsam mit Peter Zoller und Kollegen vom International Center for Theoretical Physics in Triest die aktuelle Arbeit verfasst hat, die im Fachjournal "Nature Physics" veröffentlicht wurde.

Neue Methode

Um diese Hürde zu überwinden, schlagen die Forscher nun anstelle von herkömmlichen Rechnern den Einsatz von Quantensimulatoren vor. Das sind kontrollierbare Quantensysteme, die dazu benutzt werden, andere Quantensysteme nachzuahmen.

"Im Grunde geben wir eine Art Rezept vor, wie man die einzelnen Teilchen im Raum anordnen und miteinander verknüpfen muss, um auf einfache Weise die Verschränkung messen zu können", so Vermersch. Obwohl es sich bei der nun veröffentlichten Studie um eine rein theoretische Arbeit handelt, betont der Forscher die praktische Anwendbarkeit der neuen Methode: "Die nötigen Quantensimulatoren existieren bereits. Und wir wollen sie nutzen, um die Quantenverschränkung zu messen."

Ein Beispiel für einen solchen Quantensimulator wären in Ionenfallen gehaltene Atome, die mit Lasern manipuliert werden können. Die Innsbrucker Physiker haben erst kürzlich mit 20 individuell kontrollierbaren Ionen das bisher größte vollständig verschränkte Quantenregister hergestellt, mit dem sich Quantensysteme simulieren lassen. (APA, red, 22. 5. 2018)