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Fünf-Sterne-Spitzenkandidat Luigi Di Maio will ein bedingungsloses Grundeinkommen – doch leisten kann er es sich nicht.

Foto: Reuters/Bianchi

Die Sorgen über die kommende italienische Regierung sind nachvollziehbar. Hier tun sich zwei populistische Parteien zusammen, versprechen in ihrem Programm das Blaue vom Himmel und drohen damit, das hochverschuldete Kernland der Eurozone in den Staatsbankrott zu treiben. Da Italien anders als Griechenland oder Portugal gar nicht gerettet werden kann, weil die Volkswirtschaft einfach zu groß ist und der Schuldenberg zu hoch, wäre dies das mögliche Ende der Eurozone – ein Schreckensszenario.

Doch vielleicht hat Lega-Chef Matteo Salvini recht, wenn er sagt: "Niemand muss sich vor unserer Regierung fürchten!" Das liegt nicht daran, dass seine Partei oder die Fünf-Sterne-Bewegung plötzlich vom Baum der Erkenntnis gegessen haben und nun ein vernünftiges Programm verfolgen wollen. Aber das, was sie wollen, können sie nicht tun. Und gehindert werden sie daran nicht von den EU-Partnern, sondern von den so oft gescholtenen Finanzmärkten.

2,3 Billionen Euro Schulden

Italien hat nach Griechenland den größten Schuldenberg in der EU – 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder fast 2,3 Billionen Euro. Tag für Tag muss die italienische Regierung neue Anleihen auflegen und verkaufen, damit sie die abgelaufenen zurückzahlen kann. Wenn das nicht gelingt, ist der Staat pleite – so wie es Griechenland im Herbst 2009 war.

Da Italien auf seine Schulden Zinsen zahlen muss, braucht es einen Primärüberschuss – muss also vor Zinszahlungen deutlich weniger ausgeben, als es einnimmt. Das ist in den vergangenen Jahren immer gelungen. Doch wenn in einer zukünftigen Koalitionsregierung tatsächlich die Steuern gesenkt, wie das die Lega fordert, und die Ausgaben erhöht werden, wie es die Fünf Sterne wollen, dann geht sich diese Rechnung nicht mehr aus. Dann explodiert das Budgetdefizit.

Wenn dann aber die Investoren italienische Papiere verkaufen, weil sie an der Zahlungsfähigkeit zweifeln, dann steigen die Zinsen, die Italien zahlen muss – und dann beginnt eine Spirale, die schnell in der Unfinanzierbarkeit und dann im Staatsbankrott münden kann.

Bankenpanik durch Euro-Austrittsgerüchte

Das wäre für die Eurozone eine echte Krise – aber noch mehr für Italien selbst. Und wenn die Regierung als Ausweg einen Euroaustritt mit nachfolgender Abwertung erwägt oder auch nur entsprechende Gerüchte zulässt, dann würde das einen Run auf die Banken auslösen, der das Chaos noch verschärfen würde. Die Chaostruppe Di-Maio-Salvini wäre als solche enttarnt. Das wäre das Werk der oft gescholtenen Spekulanten.

Das zu vermeiden ist nun das größte Interesse der beiden Spitzenkandidaten. Und tatsächlich sind seit Monatsanfang die Renditen auf italienische Staatspapiere um rund 0,7 Prozentpunkte gestiegen. Das klingt nicht nach viel, kostet den Staat aber Milliarden.

Fünf Sterne und Lega geben bereits nach

Kurz warf Salvini den Finanzmärkten zwar Erpressung vor, dann aber gaben er und Di Maio bereits nach, indem sie die radikalsten Forderungen aus dem Regierungsprogramm – Entschuldung und möglicher Euroaustritt – wieder strichen. Und dann entschieden sie sich für einen farblosen, vernünftig klingenden Juristen als kommenden Regierungschef.

Man kann davon ausgehen, dass die Regierung von Giuseppe Conte weder die Flat Tax noch das bedingungslose Grundeinkommen einführen wird. Beides kann sich das Land nicht leisten. So wie die Linksregierungen in Griechenland und Portugal wird sie einen pragmatischen Kurs verfolgen. Sie hat gar keine andere Wahl. Und das liegt nicht an der Haltung von Berlin und Brüssel, auch wenn man dies in Rom vielleicht so darstellen wird. Die Finanzmärkte werden sie einfach nicht anders handeln lassen. (Eric Frey, 22.5.2018)