Italien: autoritär-populistisch regiert. Großbritannien: isolationistisch auf sich selbst bezogen. Deutschland: unter Druck einer aufstrebenden rechtsextremen Bewegung. Spanien: Katalonien, ein erbittertes Widerstandsnest. Frankreich: Eine mächtige autoritäre Bewegung bedroht die Republik. Die Niederlande und Belgien: halbwegs stabil, aber mit starken rechtsextremen Bewegungen. Ähnliches in den nordischen Ländern. Osteuropa? Polen, Ungarn, der Balkan: autoritäre Regime en masse. Nur in Tschechien (noch) demokratische Verhältnisse. Österreich? Rechtsextreme und Katholisch-Autoritäre auf dem Vormarsch.

Wir reden vom Jahr 1932. Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber ...

Soeben hat Italien den rechtsnationalistischen-populistischen Weg gewählt. Es gibt natürlich keinen Duce, keine faschistischen Schwarzhemden. Aber der Ehrgeiz der seltsamen Partner ist ähnlich zerstörerisch. Weg mit dem alten (demokratischen) System, weg mit den europäischen Verpflichtungen, Italiener zuerst.

Bei den deutschen Wahlen im Juli 1932 erzielte die NSDAP mit 37,3 Prozent ihr bestes Wahlergebnis unter demokratischen Umständen. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Die in Teilen neo-nazistische, sonst rechtsnationale AfD hatte im Herbst 2017 12,6 Prozent. Deutschland, einer der beiden Anker Europas, reißt sich nicht los. Im Frankreich des Jahres 1932 gewann die Linke gegen die Rechte, aber die Verhältnisse blieben instabil. Heute wird der zweite Anker Europas vom charismatischen Emmanuel Macron regiert, einem Liberalen. Aber sowohl in Deutschland als auch in Frankreich rumort es. Wenn keine Antwort auf die gefühlte und tatsächliche Zuwanderungskrise gefunden wird, sind Regierungen unter Einbeziehung der extremen Rechten denkbar.

In Österreich haben wir das bereits. Die Regierungspartei FPÖ birgt noch immer Restbestände an NS-Gedankengut, ist aber insgesamt autoritär-nationalistisch. Ihr Vorsitzender hat sich gegen den Antisemitismus ausgesprochen, aber hält die Fahne des Nationalismus, Chauvinismus und Deutschnationalismus weiter hoch. Soeben hat er verkündet, dass die FPÖ dem ideellen Kern der EU weiterhin feindselig gegenübersteht. Mit dieser Partei hat die ehemalige Europapartei ÖVP eine Koalition. Im Übrigen: Die katholisch-autoritären Christlichsozialen der Ersten Republik bekämpften zwar die Nazis, hatten aber mit den Deutschnationalen eine Koalition.

Der autoritäre, illiberale Vormarsch findet am stärksten in Osteuropa statt. Die Osteuropäer wollen gern in der EU sein (und die Benefits genießen), aber sie wollen nicht verstehen, dass das auch eine Akzeptanz der Fundamente der EU bedeutet: Liberalismus, Antinationalismus, Offenheit.

Man kann, wie gesagt, die Parallelen zu weit treiben. Aber in Ost-und Südosteuropa beginnt es so trübe auszusehen wie in den Dreißigerjahren. Und mit Italien hat das erste große EU-Land den Weg betreten, der schon einmal ins Verderben führte. Die Frage ist, wo sich Österreich unter Türkis-Blau da einordnet. Für die FPÖ ist das keine Frage mehr. Von Sebastian Kurz wäre es spannend zu erfahren, ob er seine jetzige Politik trotz, wegen oder in Unkenntnis der historischen Parallelen fährt. (Hans Rauscher, 22.5.2018)