Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat wohl mit einer "gmaht'n Wies'n" gerechnet: Die EU-Abgeordneten sollten einfache Fragen zum Datenschutz stellen, Zuckerberg mit schön klingenden Plattitüden davonkommen. Als er lächelnd sein Eingangsstatement abgab, wirkte der Facebook-Chef deutlich entspannter als vor dem US-Kongress. Doch dann drehte sich der Wind.

Die Fragen der EU-Abgeordneten waren präzise und kritisch. Der deutsche Christdemokrat Martin Weber begann die Fragerunde mit zwei Themen, die Zuckerberg wehtun: Er wollte wissen, ob Facebook ausschließen kann, dass noch ähnliche Fälle wie jener von Cambridge Analytica auftauchen könnten. Die britische Firma hatte Daten von bis zu 90 Millionen Usern ohne deren Wissen verwendet. Außerdem fragte Weber, ob Facebook ein Monopol habe – und wenn nicht, wer denn seine Konkurrenten seien.

Das war der Anfang, und aus Zuckerbergs Sicht wurde es dann immer schlimmer. Die EU-Abgeordneten verwiesen auf Datensammlungen von Menschen, die gar nicht auf Facebook angemeldet seien (sogenannte "Schattenprofile"), auf Fake-News und gefälschte Konten und den dystopischen Roman "The Circle". Dann kam Facebooks Vorläufer Facemesh – eine Plattform zur Bewertung der Attraktivität von Studentinnen – zur Sprache, gefolgt von der Debatte über Steuervermeidung. Das Lächeln war rasch aus Zuckerbergs Gesicht verschwunden.

Zuckerbergs Trumpf: Das Gesprächsformat

Doch der Facebook-Chef hatte einen Trumpf in der Hand: das von EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani gewählte Gesprächsformat. Das sah nämlich vor, dass zuerst alle Fragen gestellt werden, die dann gesammelt von Zuckerberg beantwortet würden. Nach einigen Minuten voller Gemeinplätzen wurde es den Abgeordneten aber zu bunt. Sie fielen Zuckerberg mit konkretem Nachhaken ins Wort, etwa zum Thema der "Schattenprofile", die der Facebook-Chef jedoch gekonnt ignorierte.

"Wir sind über der Zeit"

Als schon fast tumultartige Szenen entstanden, fiel Zuckerberg plötzlich ein, dass er wegmüsse. "Wir sind schon 15 Minuten über der Zeit", erklärte der Facebook-CEO, der sich zur Beantwortung der Fragen etwa dieselbe Zeitspanne genommen hatte. Die Parlamentarier hatten für ihre Fragen über eine Stunde gebraucht. Während sich die Abgeordneten über diesen Umgang beschwerten, erklärte Parlamentspräsident Tajani, dass "Flieger erreicht werden müssen".

Indem er die gewählten Vertreter von 511 Millionen EU-Bürgern de facto "stehenließ", hat sich Zuckerberg keinen Gefallen getan. Das abrupte Ende könnte sein von Aktionären erwünschtes Image als souveräner Firmenchef beschädigen. (Fabian Schmid, 22.5.2018)