Foto: Lisa Breit

Nach sechs Stunden Arbeit soll man eine Pause machen. So sieht es das Arbeitszeitgesetz vor. In der Regel machen die meisten Arbeitnehmer diese ohnehin schon früher, nämlich zu Mittag. Und dann stellt sich vielleicht die wichtigste Frage des Arbeitstages: Was soll ich essen?

Das mitgebrachte Sandwich, nach dessen Verzehr man nach zwei Stunden schon wieder Hunger hat? Einen Salat vom kleinen Bistro nebenan? Überteuertes Sushi? Schnell zum Supermarkt? Oder Fastfood, weil es schnell gehen muss? Je nach Bürolage gestaltet sich die Nahrungssuche mal einfacher, mal schwieriger.

Doch die eigentliche Herausforderung ist nicht die Lage des Büros, sondern dessen Ausstattung. Viele Unternehmen – selbst große Firmen – investieren statt in eine Kantine lieber in kleine Teeküchen mit monströsen Kühlschränken, Mikrowellen und Kaffeemaschinen. Zur Mittagszeit geht es dort dann häufig zu wie am Strand von Rimini: Wer nicht schnell genug sein Tupperware auf den Tisch stellt und damit seinen Platz reserviert, muss mit knurrendem Magen umdrehen und warten oder am Schreibtisch essen.

Miteinander Pause machen

Hier wird der Vorteil der Kantine klar: Sie zwingt einen dazu, Pause zu machen und vom Arbeitsplatz aufzustehen. Und bringt einen dazu, kurz abzuschalten, mit Kolleginnen und Kollegen zu plaudern, auf neue Gedanken und Ideen zu kommen, sich die Zeit zu nehmen, nicht vor dem Bildschirm das Sandwich reinzustopfen, dessen Brösel dann für den Rest des Tages in der Tastatur kleben.

Die meisten österreichischen Arbeitnehmer tun das ohnehin schon, wie eine Imas-Umfrage aus dem Jahr 2016 zeigt: Die durchschnittliche Mittagspause dauert rund 40 Minuten, und die relative Mehrheit der Befragten verbringt sie in der Kantine zusammen mit Kollegen. Meistens sind diese aus der gleichen Abteilung, rund elf Prozent verabreden sich mit Mitarbeitern aus anderen Bereichen. Etwa ein Viertel macht die Pause allein.

Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit

Die Kantine erspart einem auch die Frage nach dem Was. Betriebskantinen verbinden viele mit Schnitzel mit Pommes oder mit Butter übergossenen Germknödeln, doch die meisten Kantinen haben mittlerweile vegetarische, vegane oder gluten- und laktosefreie Kost für jene, die dem Essen einen anderen Stellenwert geben müssen oder wollen. Sie fördern mitunter auch die Gesundheit der Mitarbeiter, wenn diese nicht schnell etwas in sich reinschaufeln, sondern bewusst in Ruhe eine Mahlzeit zu sich nehmen.

Doch nicht nur das: Umfragen zeigen, dass Kantinen zur Produktivität, Mitarbeiterbindung, Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit beitragen. Und spätestens dann, wenn der Kollege seinen Döner, dessen Geruch den ganzen Nachmittag im Großraumbüro hängt, nicht mehr am Schreibtisch isst und sich Streitigkeiten um Geruchsbelästigungen erübrigen, haben Kantinen Einfluss auf das Arbeitsklima. (Selina Thaler, Der Standard, 25.5.2018)

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