Nicolaus Schafhausen trat in Wien 2012 an.

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Wien – Dieser Abgang kommt überraschend. Nicolaus Schafhausen wird die von ihm seit 2012 geleitete Kunsthalle Wien auf eigenen Wunsch vorzeitig verlassen. Überrascht hatte vor zwei Jahren allerdings auch die Nachricht seiner Vertragsverlängerung bis 2022. Viel hatte dagegen gesprochen – insbesondere die schlechte Resonanz auf sein Programm. Klingend waren die Titel der von ihm verantworteten Ausstellungen – von What would Thomas Bernhard do über Salon der Angst bis Politischer Populismus. Sie schürten Neugier und Erwartungen, die sich jedoch nur selten überzeugend einlösten. Und sie befreiten die Kunst auch nicht aus dem Elfenbeinturm, so wie sich das der Kunsthallenchef gewünscht hätte.

Nun die nächste Surprise. Schafhausen begründet seinen Schritt politisch: "In der derzeitigen nationalistischen Politik in Österreich und der europäischen Situation sehe ich die Wirkungsmächtigkeit von Kulturinstitutionen wie der Kunsthalle Wien für die Zukunft in Frage gestellt." Das klingt sehr dramatisch – nach Repressalien, Maulkorb, eher nach Ungarn als nach Österreich.

Darf jemand kneifen, der in Wien antrat, um über den intellektuellen und gesellschaftlichen Wert von Kunst zu diskutieren und der angab, im "Marx’schen Sinn an den gesellschaftlichen Mehrwert von Kunst" zu glauben. "Kunst ist kein reiner Selbstzweck" predigte er ebenso wie, dass die "Auseinandersetzung mit Gegenwartskunst eine gesellschaftspolitische Aufgabe" sei. Woher dieser Pessimismus?

Ansagen und Gegenwind

Dass sich der 1965 in Düsseldorf geborene Kunstmanager vor Gegenwind nicht fürchtet, hat er schon vor seiner Zeit in Wien unter Beweis gestellt. In Frankfurt musste er als Leiter des Kunstvereins empörte Austritte hinnehmen, als deutscher Kommissär der Venedig-Biennale die Kritik parieren, er hätte keinen heimischen Künstler ausgewählt. Ausbleibender Beifall in Wien ließ ihn hingegen stets etwas beleidigt wirken.

Auf die Frage nach seinem Wunschmuseum antwortete er 2007: "Das Große mit viel Geld". In Wien bekam er beides nicht. Womöglich ist die neuerliche Budgetkürzung 2018 ein Grund für sein Handtuchwerfen. Wahrscheinlicher ist, dass den gut vernetzten Kurator und Kulturmanager, der neben seiner Wiener Direktion einige andere Aufgaben übernahm***, ein anderer Job lockt, jedoch nicht in einer Institution. Zukünftig wolle er die Möglichkeiten der Kunst auf einer sehr viel grundsätzlicheren Verhandlungsebene gestalten, lässt er in seinem Abschiedsstatement durchklingen.

Floskeln und Populismus

Eines scheint sicher: Eine Flucht vor "nationalistischer Politik" ist sein Abgang nicht. Die Begründung riecht nach Populismus, obwohl Schafhausen sich stets gegen "die Instrumentalisierung von Kultur durch populistische Vereinnahmungsversuche" verwehrte. Sie ist genau so hülsenhaft wie die eingeflochtene Floskel, er gehe, "wenn es am schönsten ist".

Wenn Schafhausen ehrlich wäre, müsste er eines zugeben: Dass er mit seinem Programm in und an Wien gescheitert ist. (Anne Katrin Feßler, 23.5.2018)