Jerusalem – Eine Fotomontage, auf der die heiligen muslimischen Stätten auf dem Jerusalemer Tempelberg durch die Simulation des jüdischen Tempels ersetzt sind, hat den US-Botschafter in Israel in Verlegenheit gebracht.

Ein am Dienstagabend von der ultraorthodoxen jüdischen Nachrichtenwebsite Kikar Hashabbat veröffentlichtes Foto zeigt Botschafter David Friedman, wie er lächelnd die große Fotomontage in Empfang nimmt.

"Zutiefst enttäuscht"

Die vor wenigen Tagen nach Jerusalem verlegte US-Botschaft erklärte, Friedman sei hereingelegt worden: "Botschafter Friedman wusste nichts von dem Bild, das vor ihn gehalten wurde, als die Aufnahme entstand." Der Diplomat sei "zutiefst enttäuscht", dass jemand seinen Besuch bei einer Wohltätigkeitsorganisation ausgenutzt habe, um eine Kontroverse zu provozieren.

Die Wohltätigkeitsorganisation Ashiya erklärte, einer ihrer Mitarbeiter habe ohne Absprache gehandelt, als er dem Botschafter das Bild übergeben habe. "Wir bedauern, dass eine kleine politische Geste dieses Ereignis verdorben hat", erklärte die Organisation.

Friedman, ein langjähriger Unterstützer der jüdischen Siedlungspolitik im besetzten Westjordanland, ist bei den Palästinensern zutiefst unbeliebt. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas hatte ihn im März als "Hundesohn" beschimpft. Mehrere palästinensische Zeitungen berichteten am Mittwoch auf ihren Titelseiten über den Vorfall mit der Fotomontage.

"Religionsstreit"

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte der Zeitung "Al-Quds", die USA machten aus dem Nahostkonflikt einen Religionsstreit. Die US-Botschaft betonte dagegen am Mittwoch, sie unterstütze eine Beibehaltung des Status quo am Tempelberg.

Die Jerusalemer Tempelberg gilt als die heiligste Stätte des Judentums. Hier standen im 1. Jahrtausend v. Chr. der erste und später der zweite jüdische Tempel. Dieses wurde im Jahr 70 n. Chr. von den Römern zerstört. Die Zerstörung der Kultstätte krempelte das religiöse Leben des jüdischen Volkes, das bis dahin auf die Rituale und Opfergaben im Tempel zentriert war, komplett um und gilt bis heute als andauerndes Trauma.

In späteren Jahrhunderten wurden auf der Anhöhe zwei muslimische Gebetsstätten, der Felsendom sowie die Al-Aksa-Moschee errichtet. Die Moschee gilt als eine der wichtigsten Stätten des Islam und ist ein wichtiges Symbol für die nationale Identität der Palästinenser. Die zweite palästinensische Intifada wurde im Jahr 2000 durch einen Besuch des damaligen israelischen Oppositionsführers Ariel Sharon auf dem Tempelberg ausgelöst.

Eine extremistische jüdische Minderheit verfolgt heute die Ansicht, auf dem Hügel müsse der jüdische Tempel wiedererrichtet werden, um die Ankunft des Messias zu beschleunigen.(APA, 23.5.2018)