Dass auf dem Foto weder ...

Foto: Screenshot Haaretz

.... al-Aqsa-Moschee noch Felsendom zu sehen sind, will US-Botschafter David Friedman nicht aufgefallen sein.

Foto: AFP / Thomas Coex,

Botschafter David Friedman sei in dem Moment nicht klar gewesen, welches Bild ihm da vorgeschoben wurde, lautete das Statement der US-Botschaft am späten Dienstagabend. Es war der Versuch einer Schadensbegrenzung, doch da war es schon zu spät: Das Foto, das den Diplomaten mit dem umstrittenen Bild zeigt, kursierte da längst in den sozialen Netzwerken, Israels Medien berichteten, die Nachricht verbreitete sich schnell: Friedman hatte sich zuvor bei einem Besuch im ultraorthodoxen Tel Aviver Vorort Bnei Brak mit einer Luftaufnahme ablichten lassen, die statt al-Aqsa-Moschee und Felsendom einen dritten jüdischen Tempel zeigte. Er war in das Foto hineinmontiert worden.

Dieses groß aufgezogene Foto wurde Botschafter Friedman während seines Besuchs bei Achiya überreicht, einer Organisation, die Kindern mit Lernschwierigkeiten hilft. In der Stellungnahme der US-Botschaft heißt es nun, der Botschafter sei sehr enttäuscht gewesen, dass sein Besuch in Bnei Brak dazu genutzt worden sei, solch eine Kontroverse zu schaffen – erst recht in der angespannten Lage; jetzt, da die USA einseitige Tatsachen geschaffen haben mit ihrem Umzug der Botschaft nach Jerusalem, der für die Palästinenser ein Affront war. Sie sehen zumindest Ostjerusalem als Hauptstadt ihres zukünftigen Palästinenserstaats.

Zwischen den Extremen

"Die US-Position ist absolut klar: Wir unterstützen den Status quo auf dem Haram al-Sharif / Tempelberg", twitterte die US-Botschaft Dienstagabend. Doch genau das bezweifeln nun viele Muslime und einige andere Kritiker. Denn schon seit geraumer Zeit versuchen religiöse jüdische Gruppen, diesen Status zu verändern, sie besuchen den Tempelberg, versuchen dort zu beten, manche wollen gar tatsächlich einen dritten Tempel errichten, wo heute die al-Aqsa-Moschee und der Felsendom stehen. Sie waren auch in Österreich Thema, weil der Knesset-Abgeordnete Jehuda Glick, der gute Beziehungen zur FPÖ unterhält, einer ihrer prominenten Vertreter ist.

Viele Muslime nehmen ebenfalls extreme Positionen ein, sprechen den Juden gar jegliche historische Verbindung zum Tempelberg ab. Auch deshalb ist der Tempelberg zu einem so sensiblen Ort in Jerusalem geworden, wo es oft Gewaltausbrüche gibt.

Muslimische Heiligtümer am Ort der Tempel

Um diesen Ort zu verstehen, ist ein Blick in die Geschichte nötig: Dort, wo heute der Felsendom und die al-Aqsa-Moschee stehen, das drittwichtigste Heiligtum der Muslime, standen einst die jüdischen Tempel. Der zweite wurde 70 Jahre nach Christus von den Römern zerstört – nur die Westmauer, die heutige Klagemauer, blieb übrig und wurde zum heiligsten Ort für die Juden.

Nach der Eroberung Ostjerusalems und der Altstadt während des Sechstagekriegs 1967 einigten sich Israel und Jordanien auf den Status quo auf dem Tempelberg, der im arabischen Haram al-Sharif genannt wird: Die jordanische Organisation Waqf ist seither zuständig für die religiöse Verwaltung, Israel für Sicherheit. Beten dürfen auf dem Berg nur Muslime, der Zutritt ist Nichtmuslimen nur manchmal gestattet.

Botschafter unterstützt Siedlerbewegung

Doch innerhalb jüdischer religiöser Kreise wuchs nach und nach der Wunsch, wieder auf dem Tempelberg zu beten: Neue Gruppen arbeiten seither daran, dass die Juden wieder die Hoheit über den Tempelberg erlangen – und das Temple Institute hat sich zum Ziel gesetzt, den "heiligen Tempel auf dem Berg Moriah" wiederzuerrichten, "im Einklang mit den biblischen Geboten". 1984 wollten Extremisten gar die al-Aqsa-Moschee und den Felsendom in die Luft sprengen.

Vor diesem Hintergrund steckt viel Konfliktpotenzial in dem Foto von US-Botschafter Friedman und dem dritten Tempel – auch weil Friedman selbst kein unbeschriebenes Blatt ist: Er ist Unterstützer der Siedlungen im Westjordanland und leitete eine Organisation in den USA, die Geld für die Siedlung Beit El sammelte.

"Billiger politischer Akt"

Die Organisation Achiya, die für das kontroverse Bild verantwortlich war, hat sich nun bei Friedman und der US-Botschaft entschuldigt und sprach von einem "billigen politischen Akt" eines Mitarbeiters. Man werde die Angelegenheit intern klären. (Lissy Kaufmann, 23.5.2018)