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Roboter wie Sophia könnten schon bald außerhalb der Geschäftszeiten in Bankfilialen für Hilfe sorgen.

Foto: REUTERS/Denis Balibouse

Stellen Sie sich vor, Sie gehen spätabends in ein Bankfoyer, um dort noch schnell Geldgeschäfte zu erledigen. Der Automat, den Sie bisher bedient haben, wurde neu designt und bietet nun mehr Services als früher. Sieht alles ein bisschen kompliziert aus. Jetzt heißt es: ja keinen Fehler machen, denn Personal, dem man jetzt noch Fragen stellen kann, ist keines mehr da. "In so einer Situation können Roboter den Mitarbeiter ersetzen", sagt Martin Häring, Chief Marketing Officer (CMO) bei Finastra, einem Unternehmen für Finanzsoftware.

Solche humanoiden Berater werden laut Häring die Mitarbeiter nicht bereits morgen ersetzt haben. Aber sie könnten außerhalb der Geschäftszeiten im Foyer stehen und dort für Hilfe sorgen. Dafür müssten sie nur noch stabiler werden, um gegen Vandalismus gefeit zu sein. Das alles kann in rund fünf Jahren so weit sein. "Die Roboter haben zudem eine Kamera in den Augen eingebaut mit Gesichts- und Mimikerkennung, daher könnten diese Roboter in einem geschützten Bereich im Foyer Kunden auch erkennen und ihnen ihren Kontostand sagen", gibt Häring einen Einblick in die Bankwelt von morgen.

Digitale Bankenwelt

Eine Welt, die immer digitaler wird. Artifizielle Intelligenz ist bereits heute in vielen Bereichen im Einsatz. Etwa wenn es darum geht, die häufigsten Fragen der Kunden zu beantworten. Hierfür gibt es Software, "die in der Lage ist, die hundert bis zweihundert am häufigsten gestellten Fragen korrekt zu beantworten", sagt Häring. Rund 80 Prozent der Serviceanfragen würden laut Häring bereits über Chatbots abgewickelt. Das würde den Banken nicht nur Geld sparen. Solche Services stellten die Kunden auch sofort zufrieden. Mehrere Tage auf eine E-Mail-Antwort zu warten sei nicht mehr State of the Art.

Vor allem beim Thema Kosten kommen Anbieter wie Finastra ins Spiel. Früher sei es üblich gewesen, dass jede Bank ihr eigenes Softwaresystem hatte, sagt Häring: "Daraus ist im Laufe der Jahre ein Wildwuchs entstanden." Aber auch Hürden seien so entstanden. Oft hätten Kundendaten nicht von allen Abteilungen eingesehen werden können – hier habe es dann viele Updates gebraucht. 85 bis 90 Prozent der Kosten gingen in Banken und Finanzhäusern zuletzt drauf, um all diese Systeme zu verwalten. Daher fehlte es den Häusern auch an Kapital, um neue Services zu entwickeln. "Diese Chance als Geschäftsfeld hat Finastra genutzt", sagt Häring.

Wie gewinnt man die Jugend

Vor allem wenn es darum geht, die Jugend als Kunden zu gewinnen, müssten Banken am Ball bleiben. "Die Millennials wollen die persönliche Betreuung oft nicht", sagt Häring. Sie wählten daher meist jene Bank aus, bei der sie ihr Konto rasch und ohne einen Filialbesuch eröffnen können. Auch das müssten Banken im Blick behalten, wenn sie die nächste Kundenschicht erreichen wollen.

Zusätzlich zu den Chatbots, die auch außerhalb der Geschäftszeiten laufen, werden Livechats mit Angestellten immer wichtiger. "Kunden wollen ihre Antworten unmittelbar", sagt Häring. Solche Applikationen werden künftig den Unterschied ausmachen, glaubt der Experte.

Nutzung der Kundendaten

Auch die vernetzte und bessere Nutzung der Kundendaten könnte Banken helfen, ihre Klientel künftig bei der Stange zu halten und wettbewerbsfähig zu bleiben, merkt Häring an. Fragen wie "Sie haben Geld auf dem Konto liegen, wollen Sie das nicht lieber veranlagen?" oder "Sie haben ein Auto gekauft, können wir Ihnen dazu eine Versicherung anbieten?" oder "Ihr Sohn wird 18 Jahre alt, wie wäre es mit einem Kurzkredit für ein Auto?" könnten den Finanzinstituten helfen, via personalisierte Kundenansprache über die digitalen Medien mit ihren Kunden in Kontakt zu bleiben.

Finastra ist 2017 durch den Zusammenschluss der Unternehmen Misys und D+H entstanden und bietet laut eigenen Angaben das weltweit umfangreichste Finanzsoftwareportfolio. Rund 90 Prozent der Software, über die übliche Bank- und Finanzgeschäfte abgewickelt werden, werden über Finastra abgedeckt. Dazu gehören Lösungen im Privatkundengeschäft, im Investmentbereich, aber auch im Treasury- oder Corporate-Bereich. Die jeweiligen Produkte beziehungsweise Softwareapplikationen werden für die verschiedenen Institute adaptiert und auch mit deren Logo versehen. Daher können Kunden Finastra nicht sehen, die Services hat aber wohl schon jeder über die eine oder andere Applikation genutzt, erklärt Häring. (Bettina Pfluger, 25.5.2018)