Glamour links, Schwarzwald rechts.

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Kiew – Der mächtige Real-Boss Florentino Perez soll sich bereits festgelegt haben. Sollte die Ära von Zinedine Zidane in Madrid einmal zu Ende gehen, wäre Liverpools Jürgen Klopp der geeignete Nachfolger auf der Trainerbank. Am Samstagabend (20.45 Uhr, live Sky und ORF 1, Liveticker derStandard.at) treffen die beiden ungleichen Coaches im Finale der Champions League in Kiew aufeinander.

Auf der einen Seite steht Zidane, der Weltstar, der als Spieler eine atemberaubende Karriere hinlegte und als Trainer im feinen Anzug und Lackschuhen eine genauso gute Figur abgibt. Ihm gegenüber ist der impulsive Klopp, der in seiner Coachingzone immer unter Strom steht, im Trainingspulli seine Spieler und Fans gleichermaßen zu Höchstleistungen pusht und sich selbst als "The Normal One" sieht, wie er bei seinem Amtsantritt im Oktober 2015 scherzhaft sagte.

Glamour und Schwarzwald

Zwei Trainer, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Schon ihre aktive Karriere verlief gänzlich verschieden. Zidane, aufgewachsen im Arbeiterviertel von Marseille, führte Frankreich zum Welt- und Europameistertitel, wurde Weltfußballer und entwickelte sich im Trikot von Juventus Turin und Real zu einer Marke wie heute Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi.

Derart glamourös verlief Klopps Karriere nicht. Der im Schwarzwald aufgewachsene Klopp musste in elf Zweitligajahren beim FSV Mainz 05 siebenmal gegen den Abstieg spielen. Der gebürtige Stuttgarter war ein passabler Defensivspieler, zu mehr reichte es nicht. Als im Februar 2001 die Not bei den Rheinhessen wieder einmal groß war, wurde Klopp zum Trainer umfunktioniert. Es war der Startschuss einer steilen Karriere: 2004 Aufstieg mit Mainz, 2008 Wechsel zu Borussia Dortmund, 2011 und 2012 jeweils Meister mit dem BVB, ein Jahr später Einzug ins Champions-League-Finale, das gegen die Bayern verloren ging.

Gegen die Serie

Klopp und die Endspiele – es ist vielleicht der größte Makel einer ansonsten herausragenden Trainerkarriere. Die letzten fünf Endspiele hat der 50-Jährige mit seinen Vereinen alle verloren. Kein Wunder, dass Klopp sagt: "Ins Finale einzuziehen, ist super. Aber es zu gewinnen, ist besser." Wie es geht, weiß Zidane. Seit seinem Aufstieg zum Real-Cheftrainer im Jänner 2016 verlor er keines seiner sieben Endspiele, am Samstag steht er mit Real zum dritten Mal in Serie im Finale der Champions League. "Was wir jetzt zu tun haben, ist zu gewinnen", sagt Zidane.

Beim 45-jährigen Zidane scheint sich alles zu vergolden, was er anpackt. Dabei musste er sich als Trainer gar nicht groß beweisen. Er betreute die B-Mannschaft von Real und lernte als Co-Trainer unter Carlo Ancelotti, ehe er befördert wurde. Dabei ist ihm in der Vergangenheit oftmals vorgeworfen worden, dass er kein taktisches Konzept habe. Doch vielmehr ist es die Flexibilität und der Pragmatismus, die ihn auszeichnen. Einmal Pressing, einmal Konterattacken, einmal hohes Tempo, einmal ruhiges Ballgeschiebe. Es ist die Unberechenbarkeit, die Real so gefährlich macht.

"Heavy-Metal-Football"

Dagegen hat Klopp seiner Mannschaft ein klares Konzept verordnet. Liverpool pflegt mit hoher Intensität und starkem Pressing einen beachtlichen Offensivstil – "Heavy-Metal-Football", wie sie in England schwärmen. Klopp steht für Spektakel. 46 Tore schoss Liverpool in der laufenden CL-Saison, das ist Rekord.

Entsprechend haben sie in Liverpool ihren Coach ins Herz geschlossen. "Jeder will für ihn durchs Feuer gehen", sagt Torhüter Loris Karius. Ob sie das einmal auch in Madrid über Klopp sagen werden? Vorerst erscheint das unrealistisch. Klopps Vertrag an der Anfield Road läuft noch bis 2022. Und sollte er einmal in Liverpool aufhören, will er ohnehin ein Jahr Pause machen. (APA, 24.5.2018)