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Christian Sewing (rechts) steht seit April an der Spitze der Deutschen Bank. Dem Aufsichtsrat des größten deutschen Geldinstituts sitzt mit Paul Achleitner (links) ein Österreicher vor.

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Berlin – Hauptversammlung – für viele Vorstände und Aufsichtsräte von Dax-Unternehmen bedeutet das Stress, da die Fragen der Aktionäre unangenehm sind. Auch für Paul Achleitner, den Chefkontrolleur der Deutschen Bank, konnte man im Vorfeld des Aktionärstreffen meinen. Doch der Österreicher erklärte am Donnerstag zum Auftakt: "Ob Sie es glauben oder nicht, ich freue mich auf die heutige Hauptversammlung."

Seit sechs Jahren ist Achleitner auf seinem Posten, in diese Zeit fielen drei Wechsel an der Vorstandsspitze. Aber die Bank schreibt seit drei Jahren in Folge rote Zahlen – allerdings machten sich auch die vielen juristischen Altlasten bemerkbar, deren Aufarbeitung John Cryan in die Wege geleitet hatte.

Zu wenig Tatkraft

"Er war der richtige Mann für diese Phase", streut ihm Achleitner noch einmal Rosen, doch er erklärt auch, warum der Brite im April 2018 dann sehr schnell hat gehen müssen: "Gute Pläne und Maßnahmen wurden nicht konsequent angegangen." Will heißen: Cryan war beim Umbau der Bank nicht tatkräftig genug.

Doch nun ist seit 8. April Christian Sewing, der fast sein ganzes Berufsleben bei der Deutschen Bank verbracht hat, am Ruder. Er machte am Donnerstag bei seiner ersten Hauptversammlung als Chef klar, dass er sehr wohl bereit ist, größer umzubauen. Die Zahl der Vollzeitstellen im Konzern (einschließlich Postbank) soll von 97.100 bis Ende 2019 auf deutlich unter 90.000 sinken.

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John Cryan steuerte die Deutsche Bank durch eine schwierige Phase. Anfang April wurde er an der Spitze abgelöst.
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"Der Stellenabbau ist unvermeidlich, wenn unsere Bank nachhaltig profitabel werden soll", sagte Sewing. Von 600 Mitarbeitern hat sich die Deutsche Bank in den vergangenen Wochen schon getrennt. Die Stellenstreichungen werden rund 800 Millionen Euro kosten, was das Jahresergebnis 2018 "beeinträchtigt". Dennoch soll am Ende ein Gewinn stehen – nach einem Verlust von 735 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Einschnitte im Aktiengeschäft

Besonders drastische Einschnitte sind im Aktiengeschäft geplant, wo ein Viertel aller Stellen weltweit wegfallen wird. Auch das Investmentbanking streicht Sewing zusammen, die Bank wird weniger Dienstleistungen für Hedgefons anbieten. Doch Sewing betonte auch: "Wir stehen zu unserer Unternehmens- und Investmentbank. Und wir bleiben international, wir sind in mehr als 60 Ländern aktiv."

Aber: "Wir müssen uns auf das konzentrieren, was wir wirklich gut können." Das soll künftig verstärkt das Geschäft für Private und Firmen in Deutschland und Europa sein.

Verlorener Stolz

Die Bank, so der Chef, solle wieder "relevant, exzellent, innovativ, stabil und vertrauenswürdig" sein. Und er will, dass die Beschäftigten der Deutschen Bank wieder mit Stolz für ihr Unternehmen arbeiten. Dieser sei in den vergangenen Jahren teilweise verloren gegangen.

"Deshalb trete ich das Amt des Vorstandsvorsitzenden mit dem Ziel an, genau diesen Stolz wiederzuerwecken", sagte er unter Applaus der Aktionäre, der andauerte, als er hinzufügte: "Verstehen Sie mich nicht falsch: nicht Arroganz, sondern Stolz." (Birgit Baumann, 24.05.2018)