In Basel wurde die Stellplatzverpflichtung bereits komplett abgeschafft.

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Ein Stellplatz pro 100 Quadratmeter Wohnfläche: So lautet seit Juli 2014 die "Wiener Formel" für die Schaffung von Pkw-Stellplätzen in neuen Wohnbauten, festgeschrieben im damals im Zuge einer Bauordnungsnovelle ebenfalls geänderten Wiener Garagengesetz.

Vier Jahre später steht wieder eine Novelle der Bauordnung an, und abermals soll auch das Garagengesetz angetastet werden. Man wolle die Stellplatzverordnung "flexibler handhaben", kündigte der damalige Wohnbaustadtrat und nunmehrige Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bei der Präsentation an. "Nicht benötigte Garagenparkplätze können etwa künftig in Einlagerungsräume umgewandelt oder an Bewohner anderer Wohnhausanlagen vermietet werden."

Den Bauträgern und den Wiener Oppositionsparteien geht das aber nicht weit genug. Denn immer noch bleiben zu viele neue Stellplätze ungenutzt; diese erst gar nicht bauen zu müssen würde die Baukosten senken.

Keine Pflicht in Basel

Sowohl Bauträgersprecher Hans Jörg Ulreich als auch FPÖ und Neos empfehlen der Koalition aus SPÖ und Grünen einen Blick in die Schweiz. In Basel etwa wurde die Stellplatzverpflichtung bereits komplett abgeschafft. "Basel erlaubt den Bauträgern aber, die ja den Markt am besten kennen, so viele Garagenplätze zu bauen, wie sie glauben zu benötigen – aber maximal einen pro Wohnung", erklärt Ulreich. "Von null bis maximal einen pro Wohnung ist also alles erlaubt."

Auch für Büroimmobilien und Einkaufscenter gilt in Basel keine verpflichtende Anzahl zu schaffender Stellplätze, sondern es gelten ebenfalls nur Obergrenzen: ein Stellplatz pro fünf Arbeitsplätze beziehungsweise 20 Stellplätze für 500 Quadratmeter Verkaufsfläche.

FPÖ für "Züricher Modell"

Die Wiener FPÖ favorisiert ebenfalls ein Modell aus der Schweiz, allerdings jenes von Zürich. Dort wird die Stadt in Zonen unterteilt; je nach Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel gibt es einen "Abschlagsfaktor" vom geltenden Regulativ.

Der "Normalbedarf" ist in Zürich mit einem Stellplatz pro 120 Quadratmeter Wohnfläche definiert. In der Altstadt gelten dann aber beispielsweise nur noch zehn Prozent des Normalbedarfs als Verpflichtung, in der dichtverbauten Stadt sind mindestens 25, maximal 45 Prozent des Normalbedarfs zu errichten. In Randlagen liegen die Werte dann bei 70 bis 115 Prozent.

In Wien könnte man das folgendermaßen adaptieren, schlägt FP-Bautensprecher Alexander Pawkowicz vor: "Innerhalb eines Umkreises von 300 Metern zu einer U-Bahn-Station sind beispielsweise nur 50 Prozent der Stellplätze zu errichten, innerhalb von 500 Metern nur 75 Prozent."

Ulreich weist allerdings darauf hin, dass das geltende Wiener Stellplatzregulativ bereits jetzt großzügige Reduzierungen vorsähe; "aber es wird leider nicht objektiv und unabhängig angewandt, weil einige Bezirke immer maximale Stellplätze auch direkt neben der U-Bahn wollen".

Neos: Reduktion um bis zu 100 Prozent

Auch die Wiener Neos sind daher für eine ähnliche Regelung wie in Basel. "Bei besonders guter Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln muss die Stellplatzverpflichtung verpflichtend reduziert werden, im Falle einer Anbindung mit hochrangigen öffentlichen Verkehrsmitteln (U-Bahn, S-Bahn) auch bis zu 100 Prozent", heißt es in einem Forderungspapier, das an den Wohnbaustadtrat übergeben wurde.

Grundsätzlich wollen die Neos aber, dass das Garagengesetz, das die Stellplatzverpflichtung regelt, in eine "Bauordnung 2020" integriert wird. So wie sie überhaupt für eine "gänzliche Neufassung" der Bauordnung eintreten, die "in einem breiten Prozess" erarbeitet werden sollte. Neben dem "zeitgemäßen Stellplatzregulativ" nennt man da auch eine zeitgemäße Auslegung der Widmungskategorie "Gemischtes Baugebiet", eine "Digitalisierungsoffensive bei Bauverfahren" sowie die "Reduktion von Vorschriften und Ermessensentscheidungen zur Baukostensenkung und Kalkulationssicherheit" als wichtige Punkte.

Warten auf Entwurf

Wie berichtet, sind wichtige Eckpunkte der anstehenden Novellierung eine Vereinfachung von Verfahren für kleinere Bauvorhaben (im Gartensiedlungsgebiet bzw. mit Bauklasse I), strengere Rahmenbedingungen für den Abbruch von Althäusern sowie Maßnahmen "zur Vermeidung der gewerblichen Nutzung von Wohnungen".

Wie die einzelnen Regelungen ausfallen werden, ist aber noch nicht bekannt – auch den drei Wiener Oppositionsparteien (neben FPÖ und Neos auch die ÖVP) nicht. Generell zeigen sich die Parteien mit dem bisherigen Verlauf der "Diskussion" alles andere als zufrieden. Die Eckpunkte wurden von Ludwig und Grünen-Gemeinderat Christoph Chorherr Anfang April präsentiert, seither wartet die Wiener Rathaus-Opposition aber auf Einzelheiten. Selbst in den "Einzelgesprächen" mit Ludwig, zu denen FPÖ, ÖVP und Neos Ende April geladen wurden, gab es keinen Entwurf zur Einsichtnahme, kritisieren FPÖ und Neos.

Inkrafttreten für 1. Jänner geplant

In diesen Tagen startet die interne Begutachtung, berichtet Chorherr dem STANDARD. Das heißt, die Magistratsabteilungen können nun ihre Stellungnahmen dazu abgeben. Diese werden nicht veröffentlicht. Im Sommer wird es zu einer externen Begutachtung kommen. Diese ist zwar nicht verpflichtend, man werde sie aber "selbstverständlich" machen, so Chorherr.

In Kraft treten soll die neue Bauordnung am 1. Jänner 2019, so lautet das Ziel der Stadtregierung. Das heißt, dass sie im September im Wohnbauausschuss diskutiert werden muss, der dann übrigens schon von Ludwigs Nachfolgerin im Wohnbauressort, Kathrin Gaal, geleitet wird. Im Oktober muss dann noch der Landtag zustimmen. (Martin Putschögl, 25.5.2018)