Andrias davidianus, der Chinesische Riesensalamander, umfasst mindestens fünf Kryptospezies. Sie sind äußerlich nicht zu unterscheiden, genetisch aber eigenständige Arten.

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Die urtümlichen Riesen gelten in China als Delikatesse.

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Mit einer Körperlänge von bis zu 1,80 Meter erinnert der Chinesische Riesensalamander (Andrias davidianus) an längst vergangene Erdzeitalter. Der Schein trügt nicht: Der träge Riese zählt zu den ursprünglichsten noch lebenden Amphibien, seine Anatomie blieb seit über 160 Millionen Jahren nahezu unverändert.

DNA-Analysen haben nun ergeben, dass die größte Amphibie der Welt nicht wie bisher angenommen nur eine Art umfasst, sondern mindestens fünf, vielleicht sogar acht eigenständige Spezies. Wie ein Forscherteam um Jing Che vom Kunming Institute of Zoology im Fachblatt "Current Biology" berichtet, müssen sich die genetisch divergierenden Arten im Lauf der Jahrmillionen in verschiedenen Flusssystemen entwickelt haben.

"Wir waren nicht überrascht, mehr als eine Art zu finden", sagte Jing Che. "Aber dass es eine solche Vielfalt gibt, hat uns dann doch umgehauen." Dieses Ergebnis ist bei genauerer Betrachtung nicht wirklich eine gute Nachricht: Denn damit sind die ohnehin stark bedrohten Lurche in noch größerer Gefahr als gedacht – und bisherige Schutzmaßnahmen waren wohl kontraproduktiv.

Schädliche Zuchtprogramme

Die Riesensalamander gelten in China einerseits als Luxus-Delikatesse, andererseits werden sie auch für pseudomedizinische Zwecke verwendet. Auf dem Schwarzmarkt bringen die Amphibien viel Geld. Dazu kommt die Zerstörung der natürlichen Lebensräume der Tiere: Sie benötigen kühle, sehr saubere Fließgewässer, und davon gibt es immer weniger.

Um dem dramatischen Schwund dieser urtümlichen Tiere entgegenzuwirken, wurden in den vergangenen Jahren in staatlich geförderten Zuchtprogrammen Riesensalamander aus unterschiedlichen Landesteilen miteinander gepaart und Tausende Nachkommen ausgewildert. Die im Licht der neuen Erkenntnisse wahllose Vermischung bedrohe aber nicht nur den Fortbestand und die genetische Einzigartigkeit der einzelnen Spezies, befürchten die Forscher. Die Nachkommen der unterschiedlichen Spezies dürften auch fortpflanzungsunfähig sein.

Seltene Salamander

In vielen Regionen, in denen die Riesensalamander lange heimisch waren, seien sie längst verschwunden, schreiben die Studienautoren. Sie suchten in 100 Regionen nach freilebenden Tieren – und fanden insgesamt nur 24 Exemplare.

"Die menschliche Ausbeutung dieser unglaublichen Tiere hatte in einer erstaunlichen Geschwindigkeit katastrophale Auswirkungen", sagte Samuel Turvey von der Zoological Society of London, Koautor der Studie. "Ohne sofortige koordinierte Schutzmaßnahmen ist die Zukunft der weltweit größten Amphibien in ernsthafter Gefahr." Die Biologen schlagen vor, die verschiedenen Arten in neuen Programmen getrennt voneinander zu züchten und in ihren jeweils ursprünglichen Verbreitungsgebieten neu anzusiedeln. (dare, 28.5.2018)