Ryoji Ikedas "micro | macro" in der Halle E im Wiener Museumsquartier.

Foto: APA/CHRISTOPH GRIESSNER

Wien – Das unfassbar Große und das unvorstellbar Kleine sind schon nicht leicht zu berechnen. Aber der Versuch, beide auch noch darstellen zu wollen, erscheint als Ding der Unmöglichkeit. Der japanische Künstler und Komponist Ryoji Ikeda wagt es trotzdem, und er setzt noch etwas drauf. Mit seiner Großinstallation micro | macro – the planck universe packt er bei den Festwochen in der Museumsquartier-Halle E nicht nur das scheinbar Unmögliche an, sondern übersetzt es darüber hinaus in ein audiovisuelles Wunderwerk.

Faszinierende, fremde Welt

Besucherinnen und Besucher von geschätzt acht bis achtzig Jahren zeigen, dass man vor Eintritt keinen Crashkurs in Astro- und Teilchenphysik braucht, um von dieser Choreografie aus Bildern und Klängen in Staunen versetzt zu werden. Man kann sich einfach von der Dynamik der Projektion und Beschallung tragen lassen, darin surfen und sich in eine faszinierende, fremdartig anmutende Welt versetzt fühlen.

Wer mehr wissen will, findet dort schnell heraus, dass die beiden synchron ablaufenden Großprojektionen jeweils eigene Themen zeigen: An einer der Wände tanzt das Universum, auf dem Boden irrlichtert derweil das Mysterium der kleinsten Bausteine unserer Materie. Das Universum schaut man an, auf der Mikroebene kann das Publikum stehen, gehen, sitzen oder liegen. Der Sound ist computergeneriert, und das ganze Ambiente legt nahe, dass er direkt mit der Bilderflut auf Wand und Boden verbunden ist.

Ikeda ist kein didaktischer Künstler. Das Demokratische an seiner Installation zeigt sich darin, dass jeder Bildungsgrad und jeder kulturelle Hintergrund gleichermaßen angesprochen wird. Dennoch bleibt diese Arbeit radikal kompromisslos. Auch die gelernten Kulturmenschen lädt Ikeda ein – zum Tanz auf einem fliegenden Teppich, der sie auf die durchaus befremdliche Terra incognita jener Zweige der Naturwissenschaft entführt, die die Welt mithilfe gigantischer Maschinen erforscht.

Das Programm micro | macro dauert nur – geschätzte – zehn Minuten, dann beginnt es von vorn. Immer wieder, im Loop. Und jedes Mal eröffnen sich neue Eindrücke, je nachdem, wo jemand steht, wie man sich bewegt und welche Perspektiven eingenommen werden: Bilder von der Sonne, von Galaxienhaufen und vom Hintergrundrauschen des Universums, Grafiken, Codes, Ziffern- und Buchstabenkolonnen zischen in Zeilen und wogen in Wellen dahin. Das ist zwar ein Spektakel – aber eines vom Feinsten. (Helmut Ploebst, 24.5.2018)