Investitionen in den Kampf gegen die Erderwärmung würden sich für viele Staaten rentieren.

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Die Zahl der Naturkatastrophen ist in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch gestiegen. Ob Starkregen, Dürre oder Windwürfe infolge tornadoähnlicher Stürme – die Häufigkeit und Intensität solcher Extremereignisse wird, wenn nichts geschieht, weiterhin zunehmen. Darüber herrscht in Wissenschaftskreisen weitgehend Einigkeit. Dass nichts geschieht oder zu wenig, wird oft mit den enorm hohen Kosten argumentiert.

Ein Forscherteam der Universität Stanford hat nun erstmals berechnet, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen eine radikale Bekämpfung des Temperaturanstiegs hätte und welche Regionen davon hauptsächlich profitieren würden. "Die Welt könnte im Jahr 2100 ungefähr um drei Prozent reicher sein, wenn sie die Erwärmung stärker begrenzt als vorgesehen", schreibt Marshall Burke, einer der Studienautoren.

Um drei Prozent reicher

Drei Prozent, das wären mehr als 20 Billionen US-Dollar oder umgerechnet rund 20.000 Milliarden Euro, wenn man das Weltbruttoinlandsprodukt (BIP) in der Höhe von 79.300 Milliarden Dollar (2017) als Bezugsgröße heranzieht. So hoch wäre global betrachtet der wirtschaftliche Profit, wenn das bei der Weltklimakonferenz 2015 in Paris geschlossene Abkommen zur Eindämmung der Erderwärmung konsequent umgesetzt würde.

Konsequent heißt in dem speziellen Fall, den Temperaturanstieg durch geeignete Maßnahmen bis zum Jahr 2100 auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, anstatt das Zwei-Grad-Ziel anzusteuern, das zwar ebenfalls ambitioniert, aber weniger ehrgeizig ist. Bezugspunkt für den weltweiten Temperaturanstieg ist die Zeit vor Beginn der Industrialisierung Anfang des 19. Jahrhunderts.

Österreich bei Verlierern

Laut der Studie, die in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" publiziert wurde, zählten viele arme Länder, aber auch große Volkswirtschaften wie die USA, China und Japan zu den Hauptprofiteuren eines gebremsten Temperaturanstiegs. Das liegt daran, dass es dort jetzt schon vergleichsweise heiß ist, zumindest heißer als in anderen Weltgegenden. Aus diesem Grund kommt es dort gehäuft zu Missernten, Krankheiten und Migration.

In Deutschland, Österreich und generell in den Ländern der nördlichen Erdhalbkugel wie Skandinavien, Russland oder Kanada wäre der Aufwand zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels hingegen höher als der Vorteil, der sich dort aus einer abgemilderten Form von Extremereignissen ergäbe.

Klares Muster

Als Grundlage ihrer Studie, die unter dem Titel "Large potential reduction in economic damages under UN mitigation targets" erschienen ist, hat die Forschergruppe aus Kalifornien die Bruttoinlandsprodukte aller Länder mit den nationalen Durchschnittstemperaturen zwischen 1960 und 2010 in Beziehung gesetzt. Dabei kristallisierte sich ein relativ klares Muster heraus: Kühlere Jahre korrespondieren meist mit einem höheren Bruttoinlandsprodukt.

In einem zweiten Schritt haben sich die Forscher aus Kalifornien verschiedener Modelle bedient, die der Weltklimarat (IPCC) zur Prognostizierung des Klimawandels bis zum Jahr 2100 verwendet. Weil die Berechnungen auf historischem Datenmaterial beruhen, gehen die Forscher selbst davon aus, dass die volkswirtschaftlichen Schäden beziehungsweise der wirtschaftliche Gewinn bei einer Eindämmung der Klimakatastrophe noch weit höher sein könnte. Dann könnten auch vermeintlich benachteiligte Staaten wie Österreich von einem strengeren Klimaschutz profitieren.

Nicht berücksichtigt wurden in der Studie mögliche neue Technologien, die in Zukunft die Klimakrise entspannen helfen könnten. (Günther Strobl, 25.5.2018)