Das Business bei Google läuft gut, und doch wird es für das Unternehmen immer wichtiger, alternative Einnahmequellen zu finden.

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Larry Page und Sergey Brin gründeten am 4. September 1998 das Unternehmen Google.

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1997, als Page und Brin ihre Idee noch an der Stanford University schmiedeten, sah das Google-Logo so aus.

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Googles Sitz war zunächst in der Garage einer Freundin von Page und Brin – Susan Wojcicki.

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Heute ist Wojcicki CEO von Youtube.

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So sah Googles Seite in ihren Anfängen aus.

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Die erste Pressekonferenz von Google.

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Ein frühes Teamfoto des Unternehmens. Heute arbeiten mehr als 85.000 Personen für Google.

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Die aktuellsten Zahlen von Alphabet sprechen ein deutliche Sprache: Die Google-Mutter erwirtschaftet den allergrößten Teil ihres Umsatzes weiterhin mit Werbung. Im zweiten Quartal 2018 wurden bei einem Gesamtumsatz von 32,66 Milliarden Dollar alleine in dieser Geschäftssparte 28,09 Milliarden eingespielt.

Dabei war bei Googles Start vor 20 Jahren längst nicht klar, dass es sich dereinst zum Dominator bei Online-Werbung aufschwingen würde. Ganz im Gegenteil sollen die Firmengründer Larry Page und Sergey Brin in den Anfangsjahren offen gegen Ideen, die Suchmaschine mittels Werbung zu finanzieren, aufgetreten sein. Mangels einer besseren Alternative griff man dann aber doch auf diese Option zurück – und rollte in den folgenden Jahren die Werbebranche komplett auf.

Strategiewechsel

Doch diese Erfolgsgeschichte hat auch eine wenig betrachtete Schattenseite – steht und fällt die Zukunft von Alphabet damit doch direkt mit jener des Werbemarkts. Dieses strategische Defizit ist natürlich auch dem Unternehmen selbst nicht verborgen geblieben, also hat man sich in den vergangenen Jahren unter der Führung der neuen Finanzchefin Ruth Porat nach neuen Einnahmequellen umgesehen.

Diese Maßnahmen scheinen zu greifen: Die Einnahmen Googles, die mit dem Geschäft jenseits von Werbung erzielt wurden, machten im ersten Quartal 2018 immerhin bereits 4,4 Milliarden Dollar aus, ein Anteil von rund 14 Prozent am Gesamtumsatz von Alphabet. Im Jahresvergleich entspricht dies einem Plus von 37 Prozent.

Hoffnungsträger

Auch wenn Alphabet diese Zahlen nicht weiter aufschlüsselt, ist doch unübersehbar, in welche Sparten das Unternehmen besondere Hoffnungen setzt. Allen voran ist dabei das Cloud-Geschäft zu nennen. Zwar nimmt die Google Cloud derzeit – trotz prominenter Kunden wie Spotify und Snapchat – nur den dritten Platz hinter Amazon AWS und Microsofts Azure ein. Der Umsatz dieser Google-Abteilung wächst aber rasant – so wie auch der Gesamtmarkt. So geht man etwa bei den Marktforschern von IDC davon aus, dass sich die Ausgaben von Unternehmen für Cloud-Services bis 2020 auf 162 Milliarden US-Dollar fast verdoppeln werden. Hier gibt es also in den kommenden Jahren einiges zu holen.

Google möchte sich vor allem über zwei Punkte von der Konkurrenz absetzen. Einerseits ist dies die hohe Zuverlässigkeit der eigenen Services, immerhin hat man in den letzten Jahren massives Know-how im Betrieb von riesigen, über die Welt verteilten Rechenzentren erworben. Andererseits punktet Google aber auch mit der eigenen Stärke im Bereich Maschinenlernen und der Anbindung solcher Funktionen an die Cloud.

Enterprise

Geleitet wird die Cloud-Sparte bei Google von Diane Greene, die schon den Virtualisierungsspezialisten VMware mitgegründet hatte. Greene ist aber noch für ein zweites Geschäft bei Google zuständig, und auch dort hat sie den diesbezüglichen Bemühungen einen dringend benötigten schärferen Fokus verpasst. Unter dem Namen G-Suite läuft Googles Enterprise-Geschäft, mit dem man vor allem Microsoft Konkurrenz machen will – und dies zuletzt mit durchaus wachsendem Erfolg.

Vor allem im US-amerikanischen Bildungsbereich hat Google Microsoft in den vergangenen Jahren zahlreiche Kunden weggeschnappt, und zwar in einem strategisch besonders wichtigen Markt. Immerhin ist es für Jugendliche durchaus prägend, mit welchen Diensten sie schon in jungen Jahren vertraut gemacht werden. Mit neuen Produkten wie dem Slack-Konkurrenten Hangouts Chat hofft man nun auch den Erfolg bei Firmenkunden zu beschleunigen.

Hardware-Anfänge

Der dritte große Hoffnungsträger für Google ist der Hardwarebereich – und wohl derzeit noch jener mit dem unsichersten Ausblick. Unter der Führung von Ex-Motorola-Boss Rick Osterloh will das lange nur auf Software fokussierte Unternehmen künftig also auch Samsung, Apple und Co Paroli bieten. Tatsächlich sind die ersten in dieser Abteilung entstandenen Geräte durchaus positiv aufgenommen worden, allen voran die Pixel-Smartphones. Gleichzeitig zeigt ebendieses Gerät aber auch gut, wie viel Google noch zu lernen hat: Die Verfügbarkeit der Pixel-Smartphones ist weiter auf wenige Länder begrenzt. Bis man zu einem ernsthaften Mitspieler am Smartphone-Markt werden kann, gilt es also sowohl in Hinblick auf einen weltweiten Vertrieb als auch auf das damit einhergehende Marketing noch viel zu lernen. Gute Geräte zu produzieren reicht alleine nicht aus.

Etwas weiter ist man zumindest schon bei den smarten Thermostaten und Kameras von Nest. War die 2014 übernommene Sparte lange vor allem durch interne Turbulenzen aufgefallen, ist man nun auf dem Weg, 2018 erstmals die Milliarden-Dollar-Grenze in Hinblick auf den Umsatz zu durchbrechen. Gleichzeitig zeigt Nest aber auch gut, wie teuer Google der Hardware-Push zu stehen kommen dürfte, so hat Nest im Jahr 2017 einen Verlust von 621 Millionen Dollar eingefahren. Google betont dabei immer wieder, dass man bereit sei, anfängliche Verluste in Kauf zu nehmen, um die eigene Hardwaresparte zu befeuern.

Das mag auch daran liegen, dass gerade ein Erfolg im Smartphone-Bereich noch einen netten Nebeneffekt hätte: Derzeit gehört jenes Geld, das Google dafür ausgibt, um auf den Smartphones von Apple als Default-Suche vorzukommen, zu den größten Kostenfaktoren des Unternehmens. Je wichtiger Google selbst als Hardwarehersteller wird, desto weniger muss man an andere für diese Position zahlen. Und als Bonus würde man sich auch so manche kartellrechtliche Problematik ersparen, auf eigenen Geräten kann man ja Dienste und Apps nach Gutdünken platzieren – und zwar ganz ohne jene Verträge, die im Fokus der Untersuchungen unter anderem der EU stehen.

Vermischtes

Neben diesen drei Kernbereichen gibt es aber noch zumindest zwei andere Sparten, die zu erwähnen sind: Da wäre zunächst das Geschäft mit dem Play Store für Android, bei dem Google an allen Einnahmen beteiligt ist und das über die Jahre deutlich gewachsen ist. Ein noch größeres Potenzial dürfte aber in der Videoplattform Youtube stecken: Google versucht hier zunehmend Monetarisierungsmodelle jenseits von Werbeeinnahmen zu finden. Aktuellste Unterfangen in dieser Richtung sind das werbefreie Angebot Youtube Premium sowie Youtube TV, ein Paket aus Fernsehsendern, die (US-)Nutzer gegen eine monatliche Gebühr abonnieren können. Bei Investoren werden aber auch so zunehmend Stimmen laut, dass der Wert von Youtube weit unterbewertet ist und die Alphabet-Aktie alleine deswegen noch einigen Spielraum nach oben hat.

Waymo

Ein echter Hoffnungsträger ist zudem die Google-Schwester Waymo, die ebenfalls unter dem Dach von Alphabet agiert. Die Technologie des Unternehmens gilt derzeit als führend in diesem Bereich, zudem hat man bereits geschickt Partnerschaften mit diversen Größen aus der Automobilbranche geschmiedet. Das Ergebnis: Noch im laufenden Jahr will Waymo mit einem selbstfahrenden Taxidienst an den Start gehen – zwar nur in ausgewählten US-Städten, der Grundstein ist aber gelegt. Und zwar einer für ein ziemlich profitables Geschäft: Die Investmentbank Morgan Stanley schätzt den Wert von Waymo mittlerweile auf satte 175 Milliarden US-Dollar. Dabei geht man davon aus, dass Waymo nicht nur gute Chancen hat, Fahrtendienste wie Uber mit niedrigeren Preise abzulösen, sondern auch bei kommerziellen Transporten via Lastwagen eine zentrale Rolle einzunehmen.

Keine relevante Einnahmen sind hingegen auf absehbare Zeit aus jenem Bereich zu erwarten, den Google gern als die Zukunft des eigenen Unternehmens präsentiert: Künstliche Intelligenz. Zwar ist Maschinenlernen schon jetzt ein Thema, das fast alle Google-Angebote durchdringt, ein eigenständiges Geschäftsmodell hat man dafür bisher aber noch nicht gefunden. Zumindest vorerst werden digitale Assistenten und smarte Features also vor allem ein Vehikel bleiben, um den Umsatz in anderen Kategorien voranzutreiben – von der Cloud bis zur Hardware.

Privacy macht Druck

Auch wenn es derzeit noch unvorstellbar scheint: Die Suche nach neuen Einnahmequellen könnte für Google / Alphabet dringlicher sein, als es zunächst den Anschein macht. Das zunehmende Misstrauen gegenüber der Datensammelwut großer Konzerne und vor allem die daraus resultierenden Regularien könnten eine echte Bedrohung für Googles Werbegeschäft darstellen. Immerhin gehört Google zu den größten Verkäufern von personalisierter Werbung.

Google selbst ist das natürlich bewusst, so war man denn zuletzt auffällig darum bemüht, die Rolle von personalisierter Werbung für die eigenen Geschäftszahlen herunterzuspielen. So verwies Firmenchef Sundar Pichai vor einigen Monaten gegenüber Analysten darauf, dass ein bedeutender Teil der eigenen Einnahmen über die Google-Suche lukriert werde, wo personalisierte Werbung praktisch keine Rolle spiele. Stattdessen entscheiden hier einfach die Suchbegriffe der Nutzer über die angezeigte Werbung. Zudem würde der Werbeverkauf auf anderen Seiten ebenfalls nur einen kleineren Teil des Geschäfts ausmachen, 80 Prozent aller Werbeeinnahmen von Google werden über eigene Seiten erwirtschaftet – von Youtube über die Google-Suche bis zum Kartendienst Maps.

Diversifizierung tut Not

Trotz all dieser relativierenden Zahlen gilt natürlich: Sollte etwa die EU eines Tages das Tracken von Nutzern über das Web hinweg und die damit verbundene Erstellung von Werbeprofilen verbieten, würde das Google hart treffen. Insofern ist jeder Schritt weg von der Werbeabhängigkeit des Unternehmens ein weiser – und es ist davon auszugehen, dass Alphabet in den kommenden Jahren noch gehörige Anstrengungen unternehmen wird, um alternative Einnahmequellen stärker zu forcieren. (Andreas Proschofsky, 4.9.2018)