Berlin – Die korrekte Klassifizierung des Aussterberisikos von Arten ist ein wichtiges Instrument für den Artenschutz, bei dem Ressourcen oft begrenzt sind und möglichst effizient eingesetzt werden müssen. Leider fehlen hierfür oft wichtige Daten, beispielsweise über die Biologie oder Populationszahlen, und reale Aussterbeereignisse werden selten beobachtet und sind schwer zu belegen.

In den letzten Jahren wurde in mehreren Publikationen vorgeschlagen, dass der Fossilienbericht einen wertvollen Beitrag zum Naturschutz leisten könnte, da er über ein riesiges Archiv von Aussterbeereignissen verfügt, inklusive möglicher Faktoren, die zum Aussterben geführt haben könnten. Bisher haben allerdings nur wenige Studien die Verbindung zwischen Paläobiologie und Artenschutz realisiert.

In einer Studie, die nun in der Fachzeitschrift "Ecology Letters" veröffentlicht wurde, fragten sich Melanie Tietje und Mark-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde Berlin, ob sich ein Modell erstellen ließe, welches das Aussterberisiko mit diversen Merkmalen von ausschließlich fossilen Amphibienarten verbindet, um damit das Aussterberisiko lebender Arten zu ermitteln?

Enormer Datensatz

Um diese Frage zu klären, sammelten die Forscher einen großen Datensatz ausgestorbener Arten und erstellten ein Modell, welches das Alter einer Art mit geographischen, morphologischen und ökologischen Merkmalen korreliert: Abundanz, geografische Verbreitung, Breitengradposition der Fossilfunde (ein Hinweis auf tropischen oder gemäßigten Ursprung) und Körpergröße. Anschließend wendeten sie dieses Modell auf einen ähnlichen Datensatz für lebende Arten an, die bereits in der globalen Roten Liste der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen (IUCN) klassifiziert wurden.

Dabei stellen sie fest, dass die prognostizierten Alter und die Gefährdungskategorien der Roten Liste der IUCN gut zusammenpassten. Arten, die als nicht bedroht eingestuft wurden, wiesen die längsten vorhergesagten Überlebenszeiten auf, während die Arten mit höheren Risikobewertungen ein zunehmend kürzeres Alter zeigten. Die geografische Verbreitung erwies sich als der einflussreichste Faktor für das Aussterberisiko, was gut zu dem starken Einfluss dieses Faktors in den aktuellen IUCN-Bewertungen passt.

Das wertvollste Ergebnis dieses Modells war, dass das neue Modell auch auf Arten angewendet werden kann, bei denen die Daten derzeit nicht für eine Bewertung durch die Rote Liste der IUCN ausreichen, die sogenannten Daten defizitärer Arten. Die Ergebnisse zeigten, dass für diese Arten im Allgemeinen eine kurze Dauer oder, mit anderen Worten, ein hohes Aussterberisiko vorhergesagt wurde, was auf einen hohen Bedrohungsstatus und die Dringlichkeit hinweist, diese Arten näher zu untersuchen und zu schützen. (red, 27.5.2018)