Nicolaus Schafhausen verlässt die Kunsthalle Wien im März 2019, drei Jahre vor seinem Vertragsende.

Foto: APA/Pfarrhofer

Endlich wird in Österreich mal Tacheles geredet. Jetzt wird jenen, die für die Ausgeburten des Nationalismus blind sind, die rosarote Brille weggerissen. Schon Jan Böhmermann wusste, dass alle österreichischen Satiriker "das Alpenungarn Österreich verlassen mussten". Ihnen folgt nun der Deutsche Nicolaus Schafhausen. Freiwillig. Aber mit Gebrüll und mit über die deutsche Medienbande gespielter feinziselierter Analyse.

Am Mittwoch hatte der Wiener Kunsthallen-Chef bekanntgegeben, er werde lange vor Vertragsende den Job niederlegen. Weil? Die "nationalistische Politik" stelle die "Wirkungsmächtigkeit" von Kulturinstitutionen infrage. Also auch die Kraft der Kunsthalle, die – wie wir nun erkennen – ein verkannter Hort des lebendigen Widerstandes gegen Schwarz-Blau ist.

"Weil es reicht", erklärte er der Berliner Zeitung die Unerträglichkeit der Situation. Das Hauptstadtmedium hat verstanden, warum der "eher uneitle Mensch, für den Berühmtheit nur ein Missverständnis ist", im "rechtspopulistischen, nationalistischen, ausländerfeindlichen" Rechtsruckmoloch nicht mehr "frei arbeiten könne". Wie das zugeschnürte "Korsett" aussieht, verriet Schafhausen Ö1: Er werde von der städtischen roten Kulturpolitik "gut unterstützt", das Problem sei der bundespolitische "Resonanzrahmen". "Ich kann mich nicht mit Leuten von der FPÖ an einen Tisch setzen", gibt er sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung kampfesmutig und konfliktbereit.

Die reflexhaft eingesetzte Nachhilfe deutscher Medien – sie ist eine Gnade für Österreich. Akzeptieren wir also, dass Schafhausen nur gegen "Widerstände" Ausstellungen durchsetzen konnte und Schmutzkübelkampagnen mindestens im Volksbühnen-Ausmaß ertrug. Dass der unbequeme Fragesteller im Reich des Ressentiments "vielen ein Dorn im Auge ist" (Saarbrücker Zeitung), am Flughafen bespuckt wurde ("vor Minderjährigen"!) und furchtlos im zehnten Gemeindebezirk lebt, wo die "Menschenfeindlichkeit" gedeiht (Süddeutsche).

Dem deutschen Feuilleton sei Dank. Nun kann das viel zu oft von windigen Populisten geblendete Österreich klarer sehen. (Anne Katrin Feßler, Piefke in Österreich, 26.5.2018)