Die kraftbetriebenen Türen der ÖBB-Railjet-Schnellzüge haben drei ÖBB-Vorstandsdirektoren bereits hohe Strafen eingebracht.

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Der von den Neos befürchtete Verdacht auf Rücksichtnahme bei Kontrollen von ÖBB-Konzerngesellschaften durch das Verkehrsarbeitsinspektorat (VAI) hat sich nicht erhärtet. Wohl beschäftigt das VAI seit Jahren rund zwölf Eisenbahnspezialisten, die im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung von der Staatsbahn an das Sozialministerium verliehen sind, weniger Kontrollen führten diese Leih-Arbeitsinspektoren aber nicht durch.

Im Gegenteil: Im nachgefragten Jahr 2016 führte das VAI insgesamt 1370 Kontrollen durch, 962 davon nahmen überlassene Arbeitskräfte der ÖBB vor. Das geht aus der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage des Neos-Abgeordneten Sepp Schellhorn durch das Sozialministerium hervor. Etwa 80 Prozent dieser Kontrollen wurden bei ÖBB-Konzerngesellschaften durchgeführt, der Rest bei Privatbahnen oder anderen Verkehrsbetrieben. Die Zahl der bei diesen Kontrollen festgestellten Übertretungen gibt das von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) geführte Sozialministerium mit 2579 an, davon etwa die Hälfte wurde von überlassenen ÖBB-Arbeitskräften festgestellt.

2017 keine Strafanzeigen

Allerdings: So ergiebig wie 2016 verläuft nicht jedes Jahr. In den Jahren 2012, 2015 und 2017 erstattete das VAI "überhaupt keine Strafanzeigen", heißt es in der Anfragebeantwortung. Dafür gab es 2013/14 den prominenten Fall, der den damaligen Vorstandsdirektoren der ÖBB-Personenverkehr AG Strafen in empfindlicher Höhe einbringen sollte: Sie hatten sich anhaltend geweigert, die sicherheitstechnischen Prüfbefunde der Railjet-Türen an Bord mitzuführen, und wurden vom Verwaltungsgericht zu je 29.000 Euro Bußgeld verurteilt.

Ein Fall aus 2016 schlug Wellen: Finanzpolizei und VAI filzten nicht die ÖBB, aber ihr damaliges Caterer-Unternehmen für die Speisewagen und erstatteten Strafanzeigen wegen systematischer Übertretung von Arbeitszeitbestimmungen. Die Schwerpunktkontrolle erfolgte "nicht überfallsartig", räumt das Ministerium mit anderslautenden Meldungen auf, "sondern nach monatelangen Vorverfahren, in denen sich das betroffene Unternehmen fortgesetzt behördlichen Anfragen entzogen und Aufforderungen zu einer rechtskonformen Vorgangsweise missachtet hat."

Bei 37 kontrollierten Arbeitnehmern wurden insgesamt 1224 Übertretungen von Arbeitszeitbestimmungen angezeigt. Vom beantragten Strafausmaß in Höhe von mehr als einer Million Euro blieben nach dem Verwaltungsstrafverfahren für die ersten 20 Fälle Straferkenntnisse von etwa 110.000 Euro, die verbliebenen 17 Fälle sind beim Verwaltungsgericht anhängig. Auch die Finanzpolizei erstattete Strafanzeigen.

ÖBB nicht bevorzugt

"Es trifft also nicht zu, dass die ÖBB – wie in der Anfrage angedeutet – gegenüber anderen Unternehmen in irgendeiner Weise bevorzugt werden würde", gibt die Ministerin zu Protokoll. An der Praxis will sie festhalten, weil die ÖBB-Leiharbeiter Spezialisten im Eisenbahnwesen keine mehrjährigen Ausbildungen bräuchten, um Bahnen inspizieren zu können. Außerdem werde im VAI das Prinzip "Beraten statt Strafen" bereits seit Jahren praktiziert.

Neos-Mandatar und Gastwirt Schellhorn will das Arbeitsinspektorat nach wie vor "neu denken, von überbordenden Schikanen befreien", beim Grundsatz "Beraten statt Strafen" sieht er mit Verweis auf das VAI aber bereits "gute Möglichkeiten, die wir weiter ausbauen müssen, etwa mit Beratungen auf Augenhöhe mit Experten aus der jeweiligen Branche". Dazu bräuchte es freilich eine Neuorganisation der Arbeitsinspektorate. Denn sie sind derzeit nach Bezirken geordnet nicht nach Branchen. (Luise Ungerboeck, 26.5.2018)