Ob Blumen, Zeitungen oder Würste – für Betreiber von Wiener Verkaufsständen läuft die Zeit unbefristeter Genehmigungen zu Jahresende ab.

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Hunderte Wiener Unternehmer haben in den vergangenen Wochen Post von der Stadtverwaltung erhalten. Der Inhalt war wenig erfreulich und für die meisten überraschend. Was sie eint: Sie betreiben Verkaufsstände in der Bundeshauptstadt mit einer unbefristeten Betriebsgenehmigung. Bisher zumindest, denn diese wird zum Jahresende auslaufen. Um danach weiterhin ihre Blumenläden oder Würstelstände betreiben zu können, müssten sie eine neuerliche Genehmigung beantragen. Damit nicht genug: Die neuen Bewilligungen werden mit maximal zehn Jahren Befristung ausgestellt.

Empört über das Vorgehen ist ein Würstelstandbetreiber, der nicht namentlich genannt werden will. "Ich habe sofort im Magistrat angerufen. Dort hat man gesagt, man hätte das im Landesgesetz nachlesen können. Niemand hat kommuniziert, dass es geändert wurde. Stillschweigend wurde das über die Bühne gebracht", sagt der Unternehmer. Nun habe er eine Anwältin eingeschaltet.

Auch andere Standbetreiber wurden von den Schreiben überrascht. Ein Inhaber eines Blumenstandes gibt hingegen an, über eine unbefristete Genehmigung zu verfügen, aber bisher kein Schreiben erhalten zu haben.

Behörde versteht Aufregung nicht

In der zuständigen Wiener Behörde, der Magistratsabteilung 36, kann man die Aufregung nicht nachvollziehen. Das Auslaufen der unbefristeten Bewilligungen beruhe auf dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz und sei daher seit 2013 bekannt. Seit damals würden auch keine unbefristeten Genehmigungen mehr ausgestellt.

Die Wiener Wirtschaftskammer hat laut Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie, der Stadt mehrmals angeboten, die Unternehmer gemeinsam frühzeitig zu informieren, was aber ab gelehnt worden sei. Allerdings hat die Kammer ihre Mitglieder bereits 2013 auf das Auslaufen hingewiesen, sagt Dobcak.

"Man kann davon ausgehen, dass 95 Prozent der Anträge ohne Auflagen genehmigt werden", beruhigt der Obmann. Die meisten Betreiber müssten nicht befürchten, dass sie die insgesamt rund 300 betroffenen Verkaufsstände "groß umbauen müssen". Allerdings sei es ein Versagungsgrund, wenn der Verkaufsstand nicht mehr ins Stadtbild passe, erklärt Dobcak weiter. Diesen Betreibern würde die Stadt einen Ersatzstandort anbieten, dieser könne aber womöglich weniger umsatzstark sein.

Rechtsverfahren ausgespart

Ein Kommentar zum Hintergrund der Maßnahme war von der Stadt bis Redaktionsschluss nicht zu erhalten. Es wird aber gemutmaßt, dass sich die Stadt nicht in einzelnen Rechtsverfahren mit alten Straßenständen, die seit Jahrzehnten nicht renoviert wurden, auseinandersetzen wollte. Daher wurden alle unbefristeten Bewilligungen entzogen, damit diese nun neu beantragt werden müssen.

Ein anderer Standbetreiber befürchtet, dass eine auf zehn Jahre befristete Bewilligung den Wert seines Standortes um 80 Prozent mindern wird. "Jeder hat die Idee, irgendwann zu verkaufen, wenn der Preis passt und man älter wird", erklärt er. "Aber wer will in einen Standort investieren, von dem man in zehn Jahren nicht weiß, ob er eine Zukunft hat?"

Übrigens steht Restaurants und Gaststätten Ende 2021 Ähnliches bevor, wenn sämtliche unbefristete Genehmigungen von Schanigärten in Wien auslaufen werden. (Alexander Hahn, Jedidajah Otte, 26.5.2018)