Buch aus dem Nachlass: Der Räuber Hotzenplotz ist wieder da.

Foto: J.F. Tripp/ Thienemann

Er liebt es, seine Höhle ordentlich aufzuräumen, und steht jeden Morgen um sechs Uhr auf. Wenn er pünktlich um acht zur Arbeit geht, trägt er ein recht imposantes Waffenarsenal mit sich herum, nämlich sieben Messer, einen Säbel und eine umständlich nachzuladende Pfefferpistole, von der er ohne zu zögern Gebrauch macht.

Als besondere Kennzeichen dieses Mannes, der die Haare gern unfrisiert trägt, listet der Steckbrief, mit dem er im gesamten Landkreis gesucht wird, weiters einen schwarzen Hut mit langer Feder und rotem Band und einen Kratzebart auf, mit dem er es heute in Hipsterkreisen locker zur Stilikone brächte.

Leider aber hat sich auf dem Vorstrafenregister des Räubers Hotzenplotz über die Jahre – er erblickte 1962 das Licht der Welt – einiges angesammelt: Raub, Nötigung, Freiheitsberaubung und Entführung. Trotzdem lieben die Kinder diesen Räuber. Sie haben ihn vielleicht nicht ganz so lieb wie Kasperl und Seppel, schätzen ihn aber mehr als den Zauberer Petrosilius Zwackelmann oder den Polizisten Alois Dimpfelmoser. Bei Letzterem handelt es sich um einen sozialen Aufsteiger, der danach trachtet, auf dem Rücken des deklassierten Hotzenplotz Karriere zu machen.

Die jahrzehntelange Zuneigung, deren sich der Räuber erfreut, mag damit zu tun haben, dass sich unser Ganove, der wie Dorian Gray nicht zu altern scheint, durch sein kindliches Gemüt im permanenten Handgemenge mit der Realität, sich selbst und auch der Orthografie befindet.

Zweifellos ist dieser Mann, der seine Erpresserbriefe mit "Hodsenblotz" unterzeichnet, zudem das Opfer einer fehlgeleiteten Bildungs- und Integrationspolitik. Das dürfte auch sein Vater, der Autor Otfried Preußler (1923-2013), gewusst haben, der Hotzenplotz im dritten Band der Kinderbuchsaga 1973 eben nicht nach "Ameriga" auswandern ließ, sondern ihn als ehrbaren Wirt einer Waldschenke zurück in die Arme der Gesellschaft führte.

Dieser Tage ist nun unter dem Titel Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete (Thienemann) ein viertes Hotzenplotz-Buch erschienen. Es beruht auf einem Theaterstück, das Preußlers Tochter im Nachlass ihres Vaters gefunden und leider umgeschrieben hat. Dass er es zu Lebzeiten nicht veröffentlichte, ist kein Zufall, denn hier treffen wir wieder auf den alten Knastbruder, der zudem noch als Dumpfbacke dargestellt wird. Das haben unser tragischer Held und Otfried Preußler nicht verdient. (Stefan Gmünder, 25.5.2018)