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Die Befürworter der Verfassungsänderung hatten sich zuvor durch die hohe Stimmbeteiligung ermutigt gezeigt.

Foto: Reuters/MAX ROSSI

Dublin – Die Iren haben offenbar mit großer Mehrheit für die Aufhebung des seit über drei Jahrzehnten geltenden strikten Abtreibungsverbots gestimmt. Eine entsprechende Verfassungsänderung sei am Freitag in einer Volksabstimmung von 68 Prozent der Iren gutgeheißen worden, geht aus einer Wählerbefragung des Instituts IPSOS für die "Irish Times" hervor. Für die Befragung wurden 4000 Wähler herangezogen, die in 160 Wahllokalen ihre Stimme abgaben. Die Fehlerspanne der Prognose liegt bei +/- 1,5 Prozent.

Eine ähnliche Prognose lieferte eine weitere Nachwahlbefragung des Instituts Behaviour & Attitudes für den Fernsehsender RTE. Demnach stimmten von 3.800 Befragten 69,4 Prozent für die Liberalisierung, 30,6 Prozent waren dagegen.

Laut einer ersten Exit-Poll sind die Gegner des Abtreibungsverbots in der Mehrheit, berichtet ORF-Korrespondentin Cornelia Primosch aus Dublin.
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Die Befürworter der Verfassungsänderung hatten sich zuvor durch die hohe Stimmbeteiligung ermutigt gezeigt. Medien gehen davon aus, dass die Wahlbeteiligung bei mehr als 61 Prozent lag – das ist die Marke, die das Referendum über die Homoehe im Jahr 2015 erreichte. Fast 3,5 Millionen Bürger waren aufgerufen, über den achten Zusatzartikel der Verfassung zu entscheiden, der Schwangerschaftsabbrüche strikt untersagt.

Regierungschef Leo Varadkar, der für die Reform ist, bedankte sich am Freitagabend im Kurzbotschaftendienst Twitter bei allen Iren, die sich an der Abstimmung beteiligten. Das Referendum sei "Demokratie in Aktion". "Es sieht so aus, als würden wir morgen Geschichte schreiben", fügte der Regierungschef hinzu.

Regierungschef Leo Varadkar bedankte sich bei allen, die sich an der Abstimmung beteiligten.

Deutlichkeit überrascht Gegner

Die höchste Zustimmung fand die Abschaffung in Dublin, wo laut der Prognose 77 Prozent für die Aufhebung stimmten. Schon vor dem Referendum waren Meinungsforscher davon ausgegangen, dass die "Ja"-Wähler in der Mehrheit liegen würden. Doch die Deutlichkeit überrascht nun doch viele. Gegner der Aufhebung hatten gehofft, dass vor allem die ländliche Bevölkerung mit "Nein" stimmen würde. Laut den Prognosen traf das nicht zu: Mit 60 Prozent Zustimmung waren da die "Ja"-Wähler zwar geringer als im landesweiten Durchschnitt, aber immer noch deutlich in der Mehrheit.

Wie die Befragung von Ipsos/MRBI ergab, votierten 70 Prozent der Frauen für eine Lockerung, 30 Prozent sprachen sich dagegen aus. Bei den Männern stimmten demnach 65 Prozent mit "Ja" und 35 Prozent mit "Nein". Bei älteren Wählern überwog demnach die Ablehnung: Eine Mehrheit der Wähler über 65 Jahre stimmte gegen die Liberalisierung. Bei den 18- bis 24-Jährigen dagegen überwog dem Institut zufolge das "Ja" mit 84 Prozent.

Keine Parteien dagegen

Die Abschaffung der im Jahr 1983 in der Verfassung verankerten absoluten Abtreibungsverbotes war von einer Bürgerversammlung empfohlen worden. Abtreibungen sind derzeit selbst bei Vergewaltigung, Inzest oder einer Missbildung des Fötus untersagt. Bei einer Abtreibung drohen Frauen bis zu 14 Jahre Haft. Seit 2013 sind Abtreibungen in seltenen Fällen erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Keine Parlamentspartei hatte sich gegen den Vorschlag gestellt. Ministerpräsident Leo Varadkar will eine Fristenlösung nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten einführen.

Die Kampagne wurde sehr emotional geführt. Unter dem Hashtag #hometovote sammeln sich auf Twitter Botschaften all jener, die zur Abstimmung in ihr Heimatland reisten.

Aufnahmen zeigen die Heimkehrenden am Flughafen Dublin. Das Video wurde von der Kampagnen-Plattform "Together for Yes" hochgeladen, die sich für das Ende des Abtreibungsverbots einsetzt.

Anders als vor dem Referendum 1983 hielt sich die katholische Kirche diesmal zurück – mehrere Skandale um Kindesmissbrauch hatten den Einfluss der einst in Irland übermächtigen Institution zuletzt schwinden lassen.

Die offizielle Auszählung beginnt erst am Samstag um 9.00 Uhr morgens (10.00 MEZ), Ergebnisse werden ab Mittag erwartet. (APA, red, 25.5.2018)