Da war die Welt noch in Ordnung: Anfang Oktober wurde die erste LNG-Tankstelle Österreichs im Ennshafen in Oberösterreich eröffnet. Zwölf Tonnen verflüssigtes Erdgas können dort gelagert werden. Das reicht zur Befüllung von 60 bis 90 Lkw-Tanks. Was die Betreiber schmerzt: die Mineralölsteuer, die auf LNG lastet und den Alternativkraftstoff gegenüber dem Diesel ins Hintertreffen bringt.

Foto: rag/karin lohberger

Wien – Voriges Jahr war man bei der Rohölaufsuchungsgesellschaft RAG noch voll Optimismus, was LNG als saubere Alternative zu Diesel im Schwerverkehr betrifft. Nach dem Spatenstich im Juli wurde drei Monate später Österreichs erste Tankstelle für LNG (Liquified Natural Gas, verflüssigtes Erdgas) im Ennshafen in Oberösterreich eröffnet. Neun weitere Abgabestellen sollten über Österreich verteilt folgen.

Nun ist statt Expansion möglicherweise die Schließung der nach wie vor einzigen LNG-Tankstelle im Land angesagt. Sie könnte – da modular errichtet – abgebaut und jenseits der Grenze aufgestellt werden.

Steuerliche Benachteiligung

"Wir haben Geduld, aber nicht ewig", sagte RAG-Chef Markus Mitteregger im Gespräch mit dem STANDARD. Während LNG in allen EU-Nachbarstaaten mit der Energieabgabe belegt ist, wird verflüssigtes Erdgas in Österreich mit der Mineralölsteuer (MÖSt) belastet. Das macht den Treibstoff, der deutlich umweltfreundlicher ist als Diesel, unterm Strich teurer. Das liegt daran, dass die MÖSt pro Volumenseinheit berechnet wird, im gegenständlichen Fall in Litern.

Bei Treibstoffen mit vergleichbaren Wirkungsgraden aufgrund ähnlicher thermischer Leistung ist das weiter kein Problem. Weil aber LNG leichter ist als Diesel und Benzin, ist auch der thermische Inhalt niedriger. Auf den Fahrradius umgelegt heißt das: Um so weit zu kommen wie mit einem Liter Diesel, benötigt ein mit LNG betriebener Lkw rund 1,6 Liter verflüssigtes Erdgas. "So wie jetzt ist das kein Geschäft für uns, wir arbeiten nicht kostendeckend", sagte Mitteregger.

Deutlich weniger Schadstoffe

Am Standort Enns können zwölf Tonnen LNG gelagert werde, was 60 bis 90 Lkw-Tankfüllungen entspricht. Das Erdgas stammt aus den Lagerstätten der RAG, die einer der vier größten Speicherbetreiber Europas ist. Das Gas wird in Gampern im Bezirk Vöcklabruck bei Minus 162 Grad verflüssigt und zum Ennshafen geliefert.

Die RAG, zu gut 50 Prozent im Besitz der EVN (29,9 Prozent hält Uniper, je zehn Prozent Energie Steiermark und Salzburg AG), möchte bei LNG am Ball bleiben, ob sich in Österreich doch noch eine wirtschaftliche Perspektive eröffne oder nicht. Denn der Ausstoß von Feinstaub, Stickoxiden und CO2 könne deutlich reduziert werden – ein Umstand, der anderswo sehr wohl erkannt werde.

Kompetenzpool für LNG

"Im Ausland gibt es Interesse an unserem LNG. In Sterzing in Südtirol wird demnächst eine Flüssiggas-Tankstelle eröffnet. Die haben auch schon angefragt, ob wir liefern können", sagte Mitteregger. Rudolf Huber, der sich seit vielen Jahren für eine umweltfreundliche Alternative zu Diesel im Schwerverkehr einsetzt und diese im LNG gefunden zu haben glaubt, versteht die Welt nicht mehr. Auf das chemisch identische CNG (Compressed Natural Gas), mit dem Erdgas-Pkws betankt werden, aber auch auf Biomethan werde die Energieabgabe angewandt, auf LNG aber derselbe MÖSt-Satz wie bei Diesel.

"Das konterkariert die Ziele der Klima- und Energiestrategie", sagte Huber. "Das Paradoxe daran ist, dass ausgerechnet der mit Abstand sauberste Treibstoff, der in einem Verbrennungsmotor überhaupt verwendet werden kann, am allerhöchsten besteuert wird." Huber hat im August des Vorjahres den Verein LNG Austria gegründet, mit einem Ziel: "Wir möchten, dass in Österreich ein Kompetenzpool entsteht, aus dem der gesamte Balkan mit LNG-Kompetenz gespeist wird."

Positive Resonanz von Frächtern

Die RAG wäre interessiert, dass in diese Richtung etwas geschieht. Sie hat vom italienischen Hersteller Iveco fünf Lkws gekauft, die auf Basis von LNG fahren. Die Resonanz der Frächter, denen die Lkws zum Erfahrungsammeln überlassen wurden, sei sehr positiv gewesen, sagte Mitteregger. Weil die Anschaffung wegen der noch kleinen Stückzahlen um bis zu 30 Prozent teurer komme als die konventioneller Lkws, gebe es in anderen Ländern Förderungen dafür. In Österreich sei selbst das nicht der Fall. (Günther Strobl, 28.5.2018)