Hamburg – Für digitale Inhalte des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" und bei "Spiegel Online" hat der Hamburger Verlag ein neues Bezahlmodell eingeführt, DER STANDARD berichtete bereits im April über diese Pläne. Statt verschiedener kostenpflichtiger Einzelangebote wie bisher wurden unter der Marke "Spiegel+" drei Abo-Pakete für 19,99 bis 35,99 Euro geschnürt. Das neue Modell gilt seit Montag.

"Spiegel+" wird das Angebot auf "Spiegel Online" ergänzen und erweitern. Wir werden den Lesern einen Mehrwert bieten. Es geht nicht darum, ihnen etwas wegzunehmen", sagte "Spiegel Online"-Chefredakteurin Barbara Hans. "Wir wollen über ein kraftvolles 'Spiegel Online' 'Spiegel+' stark machen", ergänzte der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", Klaus Brinkbäumer.

Bisher zu kompliziert

Die bisherige Preis- und Produktstruktur sei für Leser zu kompliziert gewesen, sagte der Leiter der Produktentwicklung des Spiegel-Verlags, Stefan Plöchinger. Nach seinen Angaben beziehen rund 64.600 Abonnenten den digitalen "Spiegel". Mit den bisher für 39 Cent einzeln abrufbaren Beiträgen werden monatlich rund 50.000 Euro eingenommen. Die seit einem Jahr um 17.00 Uhr erscheinende digitale Tageszeitung "Spiegel Daily" zum Monatspreis von 6,99 Euro haben 5.000 Kunden abonniert. "Wir haben kein Potenzial mehr gesehen, wie wir mit Einzelverkäufen sinnhafte Erträge erzielen können", sagte Plöchinger.

"Wir haben Stories wie die über den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz oder den Berliner Flughafen mit Zehntausenden Einzelabrufen unter Wert verkauft. 39 Cent für ein Jahr Recherche!", ergänzte Brinkbäumer. Beim neuen Basis-Paket (19,99 Euro) hat der Leser nun Zugriff auf die digitale Ausgabe des Nachrichtenmagazins, auf neue, tiefergehende Texte aus der Magazin- und der Online-Redaktion sowie auf das "Daily Update", das als Zusammenfassung des Tagesgeschehens angeboten wird.

"Wir werden mit dem Pay-Modell Erfolg haben – und sollten das auch," sagte Brinkbäumer angesichts rückläufiger Auflagenzahlen in der Branche, dem sich auch das gedruckte "Spiegel"-Magazin nicht entziehen kann. Im 1. Quartal 2018 lag die verkaufte Auflage bei 716.458 Exemplaren (IVW-geprüft).

Brinkbäumer: "Der "Spiegel" bleibt politisch. Er bleibt investigativ."

"Für die "Spiegel"-Autoren bedeutet das neue Bezahlangebot, dass sie mehr schreiben, wenn wir investigative Geschichten weiterführen und aktualisieren müssen", führte Brinkbäumer aus. Gleichzeitig werde es bei Konkurrenzdruck einfacher, für das Wochenmagazin vorgesehene Beiträge aus Gründen der Aktualität vorzuziehen.

Ausgebaut werden sollen Angebote "aus der nutzwertigen Welt" wie Gesundheit, Reise, Geldanlage, Familie und Partnerschaft. "Sie werden digital gekauft, wenn sie auf "Spiegel"-Flughöhe ausrecherchiert sind", sagte Brinkbäumer zu der verlagsinternen Analyse des bisherigen Angebots. Und konstatierte gleichzeitig: "Der "Spiegel" bleibt politisch. Er bleibt investigativ."

In der Konkurrenz zu anderen Online-Bezahlangeboten deutscher Verlage sei die 20-Euro-Schwelle für den Spiegel-Verlag passend, sagte Plöchinger. Wer jünger als 30 Jahre ist, zahlt 11,99 Euro monatlich. Dadurch will sich der Verlag "digitale Zukunftsgruppen" erschließen.

Bei den zwei weiteren Abo-Varianten gibt es den gedruckten "Spiegel" inklusive (24,99 Euro) oder auch digitale Ausgaben anderer "Spiegel"-Hefte wie "Spiegel Geschichte" und "Wissen" (35,99 Euro). Alle rein digitalen Abos die unter dem Motto "Gutes lesen. Mehr verstehen." angeboten werden, haben eine monatliche Kündigungsfrist.

Ihr Bezahlmodell sehen die "Spiegel"-Verlags- und Produktmanager als ein "langfristig fortlaufendes Entwicklungsthema", ergänzte Plöchinger. Ziel sei, dem Leser ein auf sein digitales Leseverhalten zugeschnittenes, individualisiertes Abonnement anzubieten – ein "atmendes Modell". (APA, 28.5.2018)