Rom – Die Aussicht auf Neuwahlen in Italien hat am Montag Anleger an den europäischen Finanzmärkten verprellt. Der Euro fiel auf ein Sechs-Monats-Tief, nach anfänglichen Zugewinnen. Rasch war die Erleichterung über die gescheiterten Pläne einer euro-kritischen Regierung in Rom neuer Besorgnis gewichen, Neuwahlen könnten de facto zu einem Referendum über Italiens Zukunft in Europa werden.

Anleger warfen italienische Anleihen aus ihren Depots. Die Rendite der zehnjährigen Titel stieg im Gegenzug auf 2,70 Prozent. Der Risikoaufschlag gegenüber der vergleichbaren Bundesanleihe erhöhte sich deutlich. Damit steigen die Refinanzierungskosten des hoch verschuldeten Landes.

Dies drückte die Börse in Mailand um über 2,5 Prozent ins Minus. In Frankfurt fiel der Dax, auch der EuroStoxx50 schloss mit Verlusten. Unter Druck gerieten an der Mailänder Börse vor allem Aktien von Banken wie der HVB-Mutter Unicredit und Intesa Sanpaolo.

In London und New York blieben die Börsen wegen nationaler Feiertage geschlossen. "Aus heutiger Sicht ist der Amtsantritt einer italienischen Regierung, die auf Konfrontationskurs zur Europäischen Union geht und deren Regeln missachtet, nur aufgeschoben", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Gestärkte Lega erwartet

Aus den nun erwarteten Neuwahlen könnte die rechtsgerichtete Lega noch gestärkt hervorgehen. Analyst Holger Schmieding von der Berenberg Bank stimmte dem zu: "Die Radikalen werden wahrscheinlich noch lauter als zuvor gegen das pro-europäische 'Establishment' Italiens und eine angebliche 'deutsche Hegemonie' durch das Regelwerk der gemeinsamen Währung vorgehen." Italiens Präsident Sergio Mattarella hat den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt. Im Herbst oder spätestens Anfang 2019 soll es aber Wahlen geben.

Am Sonntagabend hatte Giuseppe Conte, der eine Koalition von Lega und der populistischen 5-Sterne-Bewegung führen sollte, wegen Mattarellas Veto gegen einen Euro-Skeptiker als Wirtschaftsminister seinen Regierungsauftrag zurückgegeben.

Dieser Abgang hatte Marktbeobachter zwar positiv gestimmt, aber letzlich überwog die voraussichtliche Unsicherheit an den Märkten. (red, Reuters, 28.5.2018)