Das hat sich Horst Seehofer wohl anders vorgestellt. Er selbst ging nach Berlin, um als Bundesinnenminister jene Kompetenz einzubringen, für die sich die CSU gerne rühmen lässt: nämlich für Recht und Ordnung zu sorgen, vor allem in der Asylpolitik. Auf diesem Feld hat er Kanzlerin Angela Merkel bekämpft, ihr am Tiefpunkt der Beziehungen sogar eine "Herrschaft des Unrechts" vorgeworfen, weil sie all die Flüchtlinge ins Land ließ.

Und nun steht Seehofer dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vor, dieser Behörde mit der unschönen Abkürzung Bamf, in der Asylanträge offenbar zu Unrecht positiv beschieden wurden. Es ist eine Affäre, die brandgefährlich ist. Schon 2015 empfanden viele die offenen Türen Deutschlands als staatlichen Kontrollverlust.

Das Thema geriet in den Hintergrund, als später dann deutlich weniger Flüchtlinge kamen. Doch jetzt ist es wieder da, mit genau dem gleichen Beigeschmack: Dem Staat ist erneut die Kontrolle entglitten.

Seehofer kann darauf verweisen, dass die Missstände aus der Zeit vor seinem Amtsantritt stammen. Aber er wird nicht umhinkommen, für restlose Aufklärung zu sorgen und die Strukturen so zu gestalten, dass man dem Bamf wieder vertrauen kann. Er wird dabei keine Rücksicht darauf nehmen können, dass das Innenministerium in Deutschland seit 2005, also seit Merkel Kanzlerin ist, von CDU- und CSU-Ministern geführt worden ist. (Birgit Baumann, 29.5.2018)