Wien – Auch wenn die serielle Monogamie in Europa eine übliche Form des Zusammenlebens ist, sind Trennungen oft emotional und führen manchmal vor Gericht. Dann geht es entweder um Kinder, Geld oder, wie im Fall von Vitaly K., um Gewalt. Der 45-Jährige soll am 21. März versucht haben, seine Frau, die eine Scheidung besprechen wollte, zu vergewaltigen; ein Schöffengericht unter Vorsitz von Petra Poschalko muss über diese Anklage entscheiden.

K. lebt seit 2003 in Österreich, ist unbescholten und hat zuletzt in einem Sozialberuf gearbeitet. In dieser Zeit hat er auch geheiratet und mit seiner Frau mehrere Kinder gezeugt. Gut lief die Ehe nach Aussagen beider schon länger nicht mehr. "Meine Frau nimmt Medikamente und wollte schon mehrmals mich und die Kinder verlassen", erzählt der Angeklagte.

Zehn Tage in der Ukraine

"Einmal hat sie gesagt, sie macht Schluss, und dann ist sie zehn Tage in die Ukraine gefahren!", empört er sich. Vorsitzende Poschalko bremst ihn ein: "Es geht nicht um Szenen Ihrer Ehe und wie problematisch die war, das ersehe ich aus dem Akt. Bei uns geht es um den 21. März."

Den schildert K. folgendermaßen: "Ich bin nach der Arbeit heimgekommen, und sie hat wieder einmal gesagt, dass sie weg will. Ich habe begonnen, mich aufzuregen, weiß nicht mehr genau, was mit mir passiert ist." Laut seiner Darstellung habe er noch erfolglos an sie appelliert, wegen der Kinder bei ihm zu bleiben.

Was dann passiert sein soll, erzählt der Angeklagte so: "Ich war nicht wütend, ich kann gar nicht beschreiben, in welchem Zustand ich war." Er habe sich aber an eine frühere Situation erinnert und sagte: "Dann mach das, was du das letzte Mal im Lift gemacht hast, dann kannst du gehen." Gemeint ist damit Oralverkehr vor der Reise in die Ukraine. "Sie haben also gesagt 'Blas mir einen, dann kannst du gehen!', habe ich das richtig zusammengefasst?", erkundigt sich Poschalko. K. nickt.

Sperma plötzlich verschmiert

Seine Frau habe sich geweigert, also habe er begonnen zu masturbieren und dann auf den Boden ejakuliert. Die Gattin sei während der Aktion zwei Meter entfernt auf dem Sofa gesessen. Danach sei sie plötzlich aufgesprungen, habe sich das Sperma in Haare, Gesicht und Oberkörperbereich geschmiert und angekündigt, er werde jetzt ins Gefängnis kommen, sie ins Irrenhaus und die Kinder ins Heim. Anschließend habe sie auf Russisch und Deutsch um Hilfe geschrien und die Polizei gerufen, auf die er in der Wohnung wartete.

Die Frau wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen, ihre Version ist aber ganz eine andere. Laut Anklage soll K. sie mit einem geschlossenen Taschenmesser bedroht und versucht haben, sie zu vergewaltigen. Da er wegen ihrer Gegenwehr ihre Jeans nicht öffnen konnte, habe er versucht, sie zum Oralverkehr zu zwingen, und, als auch das nicht gelang, auf sie masturbiert haben.

"Ich kann nicht verstehen, warum sie sich das ausdenkt", quittiert der Angeklagte. Nicht ausgedacht ist jedenfalls eine Verletzung an der Lippeninnenseite der Frau. Laut Staatsanwalt stammt die von K.s Versuch, ihr den Mund zuzuhalten. Der Angeklagte sagt, sie habe sich selbst verletzt.

Entscheidende Sachverständige

Eine entscheidende Rolle kommt also der DNA-Sachverständigen Christina Stein zu, die beurteilen soll, ob das Sperma von Herrn K. auf der untersuchten Kleidung der Frau eher auf ein bewusstes "Verwischen" hindeutet oder die Muster entstanden sind, indem fliegendes Ejakulat auftraf. Bei zwei Spurenbildern ist sie von Zweiterem überzeugt.

Gemeinsam mit der laut der Vorsitzenden "sehr glaubwürdigen Aussage" der Frau führt das zu einer Verurteilung zu zwei Jahren wegen versuchter Vergewaltigung. "Die Frau muss herhalten, das ist ihre Pflicht, scheint Ihre Einstellung zu sein", rügt Poschalko noch in ihrer Begründung. K. akzeptiert die Entscheidung, da der Staatsanwalt keine Erklärung abgibt, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Scheidung des Paares läuft mittlerweile. (Michael Möseneder, 30.5.2018)