Basel/Hamburg – Wassermoleküle kommen in zwei unterschiedlichen Varianten daher, ihre physikalischen Eigenschaften sind jedoch nahezu ident. Nun aber ist es erstmals gelungen, die beiden Formen zu trennen. Die Forscher von der Universität Basel konnten gemeinsam mit Kollegen in Hamburg zudem zeigen, dass die beiden Wassermolekülarten unterschiedliche chemische Reaktivitäten aufweisen können.

Chemisch gesehen ist Wasser ein Molekül, in dem ein einzelnes Sauerstoffatom mit zwei Wasserstoffatomen verknüpft ist. Weniger bekannt ist, dass Wasser auf molekularer Ebene in zwei Isomeren existiert. Die Unterscheidung liegt in der Orientierung der Kernspins der beiden Wasserstoffatome. Je nachdem, ob die Spins der beiden Wasserstoffkerne im Molekül gleich oder entgegengesetzt ausgerichtet sind, spricht man von ortho- oder para-Wasser.

Ein Team um Stefan Willitsch von der Universität Basel hat nun untersucht, wie sich die beiden Formen von Wasser in ihrer chemischen Reaktivität unterscheiden – ihrer Fähigkeit, eine chemische Reaktion einzugehen. Die beiden Isomere haben fast identische physikalische Eigenschaften, was ihre Trennung besonders schwierig macht.

Weiter führte hier eine von Jochen Küpper vom Hamburger Center for Free-Electron Laser Science entwickelte Trennmethode, die auf elektrischen Feldern beruht. Ausgehend davon konnten die Basler Wissenschafter zusammen mit den Hamburger Kollegen die "vorsortierten" Wasser-Isomere mit ultrakalten Diazenylium-Ionen ("protonierter Stickstoff") kontrolliert zur Reaktion bringen. Dabei überträgt ein Diazenylium-Ion einen Wasserstoffkern auf ein Wassermolekül. Diese Reaktion ist auch aus der Chemie des Weltraums bekannt.

Para-Wasser reagiert schneller

Wie die Forscher im Fachjournal "Nature Communications" berichten, reagiert para-Wasser um rund 25 Prozent schneller als ortho-Wasser. Dieser Effekt konnte damit erklärt werden, dass der Kernspin auch die Drehbewegung der Wassermoleküle beeinflusst. Als Folge davon herrschen unterschiedlich starke Anziehungskräfte zwischen den Reaktionspartnern. Para-Wasser vermag seine Reaktionspartner stärker anzuziehen als die ortho-Form, was sich in einer erhöhten chemischen Reaktivität auswirkt. Computersimulationen bestätigten diese experimentellen Ergebnisse.

Bei den Experimenten arbeiten die Forscher mit Molekülen bei sehr tiefen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (etwa –273 Grad Celsius). Hier herrschen ideale Bedingungen, um Quantenzustände und damit den Energieinhalt einzelner Moleküle zu definieren und diese kontrolliert zur Reaktion zu bringen. Zum Versuchsaufbau erklärt Willitsch: "Je kontrollierter man die Zustände der beteiligten Partikel einer chemischen Reaktion definieren kann, um so präziser lassen sich auch die zu Grunde liegenden Mechanismen und die Dynamik einer Reaktion untersuchen und verstehen". (red, 30.5.2018)