Man hat sie noch als junge blonde Frau vor Augen: Die Schauspielerin Tippi Hedren war Anfang dreißig, als Alfred Hitchcocks Film "Die Vögel" in die amerikanischen Kinos kam und sie in dieser Rolle auf ewig konserviert wurde. Seither sind 55 Jahre vergangen, Hedrens blondes Haar ist ergraut und die Schauspielerin mittlerweile 88 Jahre alt – 88!

Für das Modeunternehmen Gucci noch lange kein Hindernis, den weltbekannten Hitchcock-Star für Schmuck und Uhren werben zu lassen: Die Frau mit den rot lackierten Fingernägeln sieht fast noch eine Spur eleganter aus als in den 1960ern. Und als schrullige Wahrsagerin? Darf auch eine Hedren Falten zeigen.

Die Entscheidung von Gucci verwundert nicht. Seit Alessandro Michele dort als Chefdesigner am Ruder ist, haben bei den Italienern konventionelle Schönheitsrezepte ausgedient, außerdem wirbt Hedrens Enkeltochter Dakota Johnson ja auch schon für Parfums von Gucci. Die Gucci-Kampagnen sind nun generationenübergreifend in Familienhand (nur eine fehlt: ausgerechnet Hedrens Tochter Melanie Griffith, die in den letzten Jahren einiges für ein verjüngtes Äußeres getan hat).

Tippi Hedren wirbt im Alter von 88 Jahren für Gucci ...
Foto: Gucci
GUCCI

Was spricht auch dagegen, dass die Mode- und Kosmetikindustrie ältere Frauen umarmt, dass zumindest zeitweise und zwischendurch Raum für Falten oder graue Haare ist? Susan Sarandon, Anfang siebzig, wirbt für ein Parfum von Jil Sander, sieht sie doch genauso gut wie damals in "Thelma & Louise" aus.

Jil Sander Fragrances

Die Launen der Industrie sollten allerdings nicht unterschätzt werden. Das weiß kaum eine besser als Isabella Rossellini. Die Schauspielerin war vor über drei Jahrzehnten das Gesicht von Lancôme, mit 43 galt sie nach 15 Jahren Werbepartnerschaft plötzlich als zu alt und wurde gefeuert.

Jetzt hat sich der Wind gedreht, mit Anfang sechzig kehrte Rossellini zurück. Ihr spätes Comeback führt vor, dass sich heute kaum ein Kosmetikkonzern mehr leisten kann, mit glatt zurechtgebügelten Gesichtern für Faltencremes zu werben.

Isabella Rossellini wirbt wieder für den Kosmetikhersteller Lancôme.
Foto: Lancome

Der Fall Rossellini führt aber auch vor, wie unberechenbar das Geschäft ist. Und wie schnell es wieder langweilig werden kann, wenn wieder das Glatte, Pralle, Straffe die Oberhand gewonnen hat. (Anne Feldkamp, 31.5.2018)

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