Paris – Im bürgerkriegserschütterten Libyen soll es am 10. Dezember Parlaments- und Präsidentenwahlen geben. Darauf verständigten sich die rivalisierenden Regierungen des ölreichen Landes am Dienstag in Paris, wie der französische Staatspräsident und Gastgeber Emmanuel Macron sagte.

Macron nannte die Friedenskonferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen ein "historisches Treffen" und sprach von einer "wichtigen Etappe", schränkte aber gleichzeitig ein, dass längst nicht alle Probleme gelöst seien. Die Stabilität und die Sicherheit Libyens gehe die Europäer direkt an. Insbesondere Italien sei von der Migrationskrise am Mittelmeer betroffen. Der Chef der international anerkannten Einheitsregierung, Fayez al-Sarraj, sprach von Hunderttausenden Flüchtlingen in seinem Land. "Wir brauchen eine riesige Anstrengung auf europäischer und internationaler Ebene", forderte er mit Blick auf die Flüchtlingskrise.

Skepsis in Libyen

Die Teilnehmer haben laut Macron die Erklärung des Treffens – entgegen erster Erwartungen – nicht unterschrieben. Denn die Chefs der verschiedenen Institutionen des Landes würden sich gegenseitig nicht anerkennen. Aus dem westlichen Teil des Landes war neben Regierungschef al-Sarraj auch der Vorsitzende des Hohen Staatsrates, Khaled al-Mishri, angereist. Aus dem östlichen Landesteil waren der Präsident des in Tobruk ansässigen Abgeordnetenrates, Aguila Salah Issa, sowie der Kommandeur der ihr unterstehenden Nationalen Libyschen Armee (LNA), General Khalifa Haftar, anwesend. Die Volksvertretung in Tobruk sieht sich als Gegenregierung zur international anerkannten Regierung in Tripolis und kontrolliert den größten Teil des Landes.

In Libyen selbst stieß das Treffen auf Skepsis. Zahlreiche wichtige Milizen waren nicht vertreten. Die Denkfabrik International Crisis Group (ICG) warnte, es könne kontraproduktiv sein, nicht einen breiteren Konsens im politischen und militärischen Spektrum des Landes sicherzustellen. Beobachter sehen die Pariser Erklärung zudem skeptisch. Bereits 2015 hatten sich die rivalisierenden Institutionen unter UNO-Vermittlung auf ein Abkommen geeinigt, das die politische Krise in Libyen lösen sollte. An der tatsächlichen Lage in dem Land änderte sich bisher jedoch nur wenig. Auch Macron hatte im Sommer vergangenen Jahres al-Sarraj und General Haftar nach Paris eingeladen. Ein damals vereinbarter Zehn-Punkte-Plan mit einer Waffenruhe und baldigen Wahlen änderte an der militärischen Lage in dem Land aber wenig.

Macron zufrieden

Macron äußerte sich zufrieden, dass es nun für die kommenden Monate nun einen Fahrplan gebe. Das rechtliche Fundament der Wahlen solle bis zum 16. September gelegt werden. Es gebe dabei zwei Optionen: Entweder könnten das Parlament und das Volk dem bereits existierenden Verfassungsentwurf zustimmen, dies sei aber "schwierig". Falls keine neue Verfassung zustande komme, müsse es ein Wahlgesetz geben.

Seit dem unter anderem von Frankreich unterstützten Sturz von Libyens langjährigem Machthaber Muammar al-Gaddafi im Herbst 2011 herrscht Chaos in dem nordafrikanischen Land. Weite Teile Libyens werden von bewaffneten Milizen kontrolliert. Der Sturz Gaddafis erfolgte im Zuge einer von den USA angeführten internationalen Militärintervention, bei der zahlreiche Ziele in Libyen aus der Luft bombardiert wurden.

Heute wird die Autorität der international unterstützten Regierung der nationalen Einheit, an deren Spitze al-Sarraj steht, von einer Gegenregierung infrage gestellt, die mit Hilfe der selbsternannten Nationalen Libyschen Armee des abtrünnigen Generals Haftar im Osten von Libyen herrscht. (APA, 29.5.2018)