Bild nicht mehr verfügbar.

Brigitte Nielsen geht wie stets ihrer eigenen Wege.

Foto: Reuters/LEONHARD FOEGER

Es ist von enormem Vorteil, als Gespielin eines Fantasyhelden in den Wäldern der Urzeit nicht spurlos verlorenzugehen. Brigitte Nielsen, die hochgewachsene Tochter eines Ingenieurs und einer Bibliothekarin in Dänemark, begann ihre Filmkarriere 1985 als Titelheldin in Red Sonja. Tatsächlich trat sie als blutrünstige Barbarin den Beweis an, dass man auch eine steirische Eiche (Arnold Schwarzenegger) als Schwertkämpferin erfolgreich in die Schranken weisen kann.

Die Kulturindustrie folgt – trotz einer ausgewiesenen Neigung zu Popcorn und Cola – selbst vielfach den Gesetzen der Steinzeit. So kann man es der Nielsen gar nicht hoch genug anrechnen, dass sie im Trashkino der 1980er-Jahre Kraft und Eigensinn verkörperte. Und dafür auch noch tapfer Goldene Himbeeren einsammelte. Es war die Zeit, als selbst Rocky-Folgen noch der plumpen West-Ost-Dichotomie des Kalten Krieges huldigten.

Brigitte Nielsen profitierte vom Ruch des weiblichen "Bösewichts", insofern es gestandene Männer vor ihrer (als Figur) zur Schau gestellten Fitness und Amoral gruseln konnte. Filmwerke wie Die City-Cobra hat man dennoch vor allem deshalb im Gedächtnis behalten, weil sie an der Seite ihres damaligen Gemahls Sylvester Stallone agierte. Übrigens sehr unbekümmert um die Gesetze des nuancierten Kammerspiels.

Entdeckt hatte die Nielsen der italienische Filmmogul Dino De Laurentiis. Ihre notorische Vielseitigkeit stellte sie fünfmal im Männermagazin Playboy unter Beweis. Als "männermordender Vamp" erweiterte sie Stück um Stück ihre Produktpalette. Auf erfolgreiche Lebensabschnittsgemeinschaften folgten Rollen z. B. als emanzipierte Hexe. Sie veröffentlichte furchtlos ihren Alkoholentzug und stellte ihre imposante Physis uneigennützig der Schönheitschirurgie zur Verfügung (Aus alt mach neu).

Wie könnte man jemals ihre lasziven Gesänge (Falco!) vergessen? Tatsächlich hat Nielsen mit jedem neuen Auftritt, etwa in einem Dschungel-Camp oder an der Seite von verwahrlosten Hiphoppern, stets Courage und Haltung bewiesen. Vor der schätzungsweise zum sechsten Mal Verheirateten geben auch Kakerlaken klein bei. Nielsen hat das Konzept der Diva vor aller Welt demokratisiert. Jetzt soll sie sogar ein fünftes Kind unter dem Herzen tragen: mit 54! Aber was scheren diese überlebensgroße Heldin der Wirklichkeit auch die eng gesteckten Grenzen der Biologie? (Ronald Pohl, 29.5.2018)