Unter Wasser: Die Turbulenzen in Italien haben auch dem Euro stark zugesetzt. Er fiel auf den tiefsten Kurs zum Dollar seit zehn Monaten.

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Die Stimmung bei der Hauptversammlung der italienischen Zentralbank Banca d'Italia in der Hauptstadt Rom war angespannt. Zentralbankchef Ignazio Visco warnte am Dienstag vor Bankern und Topmanagern vor einer ernsthaften Vertrauenskrise. "Wir dürfen niemals vergessen, dass wir immer nur ein paar Schritte von dem drohenden Risiko eines Vertrauensverlusts entfernt sind", mahnte der Notenbankgouverneur. Visco bestimmt auch im Rat der Europäischen Zentralbank über die Geldpolitik der Eurozone mit.

Er forderte die Politik in Italien auf, den Reformkurs fortzusetzen. Die europäischen Vorgaben müssten akzeptiert werden. "Die Zukunft Italiens ist in Europa", erklärte Visco und betonte, dass für die aktuelle Entwicklung nicht die Vorgaben der EU oder Spekulanten verantwortlich seien. Vielmehr hätten die Italiener mit ihren jüngsten politischen Vorstellungen Umschichtungen an den nationalen und internationalen Märkten ausgelöst.

Investoren wenden sich ab

Angesichts der Eskalation der politischen Krise in Italien stellt die US-Ratingagentur Moody's das Rating des Landes auf den Prüfstand. Derzeit wird Italien mit "Baa2" bewertet. Diese Bewertung werde auf eine mögliche Abstufung überprüft, teilte Moody's mit.

Investoren wenden sich wegen des wachsenden politischen Chaos in Rom von italienischen Anlagen ab. Der Markt für italienische Staatsanleihen stand am Dienstag weiterhin unter Druck. Der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen als Benchmark der Eurozone schoss um über 70 Basispunkte in die Höhe und erreichte zeitweise mit 320 Basispunkten den höchsten Stand seit fünf Jahren.

Bankaktien rasseln runter

Der Abwärtstrend am Mailänder Aktienmarkt setzte sich mit Kursverlusten von drei Prozent ungebremst fort. Leidtragende waren vor allem Bankaktien. Mehrere Papiere von italienischen Geldhäusern wurden zeitweise vom Börsenhandel ausgesetzt. Die Bank-Austria-Mutter Unicredit verzeichnete ein Jahrestief. Spitzenbanken wie Banca Intesa Sanpaolo oder Banca Generali mussten ebenfalls herbe Kurseinbußen hinnehmen. Ausschlaggebend für die hohen Kursverluste der Banken ist nicht zuletzt deren hoher Bestand an italienischen Staatspapieren.

Auch am Euro ging die Krise in Italien nicht spurlos vorbei, wenngleich er weniger unter Druck stand als die Schuldpapiere aus Italien. Am Markt wird dies auch auf die Erwartung zurückgeführt, dass die Europäische Zentralbank notfalls stützend eingreifen könne – jedenfalls solange Italien nicht auf Ramschstatus herabgestuft wird. Anleger beunruhigt es allerdings, dass das populistische Bündnis aus M5S und Lega die sich abzeichnende Neuwahl zu einem Referendum über die Mitgliedschaft des Landes in der Währungsunion machen und zur Durchsetzung seiner Ziele eine Staatspleite und den Zusammenbruch des Bankensystems provozieren könnte.

Gefahr für Eurozone steigt

Die Sorgen zeigen sich auch im aktuellen Sentix-Euro-Break-up-Index, der die Wahrscheinlichkeit für ein Auseinanderbrechen der Eurozone misst. Im Mai verdoppelte sich der Gesamtindex, während er sich für Italien verdreifachte. Fraglich ist schließlich auch, ob die neue, technische Regierung, abgesehen vom Budget, auch über die längst fällige Besetzung der Spitzenpositionen in der Staatsindustrie wie bei Eni oder Enel entscheiden werde.

Soros warnt

Just an dem Tag, an dem die Welt besorgt auf Italien blickt, goss der Starinvestor George Soros Öl ins Feuer: "Die nächste große Finanzkrise braut sich zusammen", sagte er mit Blick auf die angeschlagenen Schwellenländer. Als Auslöser sieht der 87-Jährige die Dollaraufwertung und die damit verbundene Kapitalflucht aus den Emerging Markets.(Thesy Kness-Bastaroli aus Rom, 30.5.2018)