Oliver Marach ist mit Drohungen aus der Wettszene konfrontiert.

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Die Australian Open 2018 brachten Oliver Marach mit seinem Partner Mate Pavic den ersten Grand-Slam-Titel.

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Nein, der Erfolg ist Oliver Marach nicht zu Kopf gestiegen. "Ich bin kein Star. Wenn ich hier herumspaziere, werde ich nicht oft erkannt", sagt der Österreicher auf der Anlage von Roland Garros dem STANDARD. Dabei hat der 37-jährige Tennisprofi in den vergangenen Monaten viel geleistet. Neben den Australian Open gewann er mit seinem kroatischen Partner Mate Pavic auch noch die Turniere von Auckland, Rotterdam und Genf. Die Doppelweltrangliste spuckt Marach seit Montag auf Platz zwei aus. Im Rennen Richtung World Tour Finals hat die Paarung sogar die legendären Bryan-Brüder überholt und die Führung übernommen. Marach übt sich derweil in Understatement: "Wir dürfen nicht unzufrieden sein."

Nun also das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres. Bei aller Bescheidenheit wollen Marach und Pavic auch in Paris den Pokal stemmen, "diesen Anspruch haben wir. Am Selbstvertrauen wird es nicht scheitern." Der Titel in Melbourne sei diesbezüglich Gold wert gewesen. "Man geht jetzt anders in ein Grand-Slam-Turnier, man denkt anders. Man weiß, es ist möglich."

Die ersten Gegner heißen Sanders Arends und Adil Shamasdin, eine niederländisch-kanadische Paarung ohne herausragenden Palmarès. Die Aufgabe klingt nicht mordsmäßig kompliziert, wird aber ernst genommen: "Man kann gegen alle verlieren, und Sand ist nicht unser bester Belag."

Dennoch haben Marach/Pavic in der Vorbereitung für Paris auf Sandplatz in Genf gewonnen. "Es ist schön, mit einem Turniersieg zu den French Open zu reisen. Zumal Mate zuvor verletzt war und wir pausieren mussten. Uns fehlt ein wenig die Matchpraxis."

Dieser Tage ist es Marach, der ein wenig kränkelt – Husten, Schnupfen, Heiserkeit. "Ich war vor zwei Tagen im Spital, um mich untersuchen zu lassen. Ich huste zwar, aber das wird mich nicht daran hindern, Tennis zu spielen", sagt Marach, niest und besorgt sich ein Taschentuch. Seine Augen tränen, leuchten rot, aber Grand-Slam-Turniere lassen sich nun einmal nicht verschieben: "Mir geht es schon besser."

Eine Klassehäufung

Neben Marach traten zuletzt auch der Wiener Alexander Peya (mit dem Kroaten Nikola Mektic) und der Vorarlberger Philipp Oswald (mit dem Weißrussen Max Mirny) im Doppel stark in Erscheinung. Woher aber rührt diese Häufung österreichischer Klassespieler? Immerhin konnten zuvor auch Jürgen Melzer (Wimbledon 2010, US Open 2011) und Julian Knowle (US Open 2007) Grand-Slam-Titel gewinnen. System oder Zufall? "Wir sind seit mehr als zehn Jahren eine Doppelnation", sagt Marach, "es ist aber nicht so, dass das Spiel in Österreich besonders gepflegt wird." Also doch eher Zufall.

Marach verglich die Zusammenarbeit zweier Tennisspieler kürzlich mit einer Ehe. Mittlerweile revidiert er diese Aussage: "Es ist fast noch schlimmer." Augenzwinkern inklusive. Was aber macht ein gutes Doppel aus? "Es braucht zwei unterschiedliche, sich ergänzende Spielertypen." Und können sich nicht einfach zwei gute Einzelspieler auf ein Packerl hauen? "Wenn ein Nadal das ganze Jahr Doppel spielen würde, wäre er am Ende wahrscheinlich Nummer eins. Zum Glück macht er das nicht", sagt Marach, der Realist. Einzelspezialisten seien im Doppel ohnehin eine gefährliche Spezies. "Sie gehen mit einer Leichtigkeit rein, haben nichts zu verlieren. Als Doppelspieler fehlt mir ein wenig diese Lockerheit."

In Paris hat der Sicherheitsdienst ein besonderes Auge auf Marach geworfen. Der mit seiner Familie in Panama lebende Steirer berichtete zuletzt in der Kleinen Zeitung von Morddrohungen aus der Wettszene. "Solche Sachen kommen immer, wenn ich einen Satz verliere. Das ist in der Tennisszene fast schon Alltag. Traurig, aber so ist das eben." Beunruhigt wirkt Marach deshalb nicht: "Ich habe einen Kurs besucht, um zu wissen, was mich als Spieler so alles erwartet. Es gibt fünf Kategorien von verrückten Leuten. Die meisten kenne ich mittlerweile." (Philip Bauer, 29.5.2018)