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Carlo Cottarelli auf dem Weg zu Sergio Mattarella.

Foto: AP/Carconi

Rom – Italiens designierter Premier Carlo Cottarelli hat am Mittwoch Staatschef Sergio Mattarella getroffen. Es handle sich um ein "informelles Gespräch", verlautete es aus dem Präsidialamt. Medienberichten zufolgen berieten Cottarelli und der Präsident über die Ministerliste, die angeblich noch am heutigen Mittwoch präsentiert werden sollte.

Insider spekulierten über Probleme bei der Zusammenstellung der Regierungsmannschaft. Cottarelli brauche mehr Zeit, um seine Ministerliste zustande zu bringen. Spekulationen, wonach der 64-jährige Wirtschaftsexperte das Handtuch werfen und auf sein Mandat verzichten wolle, wurden nicht bestätigt.

Cottarelli wurde am Montag mit der Regierungsbildung beauftragt, nachdem Versuche zur Bildung eines Kabinetts aus den europakritischen Parteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung gescheitert waren. Wegen des Widerstands der größten Parteien gegen eine parteiunabhängige Übergangsregierung um Cottarelli gilt es als unwahrscheinlich, dass das Kabinett um den Wirtschaftsexperten das Vertrauen des italienischen Parlaments erhält. Lega und Fünf-Sterne-Bewegung drängen auf Neuwahlen im August.

Aber auch ein erneuter Versuch einer Regierungsbildung ist möglich. Die Parteien suchten nach einem Kompromisskandidaten für das Amt des Wirtschaftsministers, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person aus der Fünf-Sterne-Bewegung. Die Koalition könnte zudem um die rechte Partei Brüder Italiens erweitert werden.

Lega legt zu

Sowohl Lega als auch die Fünf Sterne liegen auch nach dem Scheitern ihrer Regierungsbildung in der Wählergunst weit vor allen anderen Parteien. In einer am Mittwoch veröffentlichten Ipsos-Umfrage für die Zeitung "Corriere della Sera" legte die Lega auf 25,4 Prozent zu. Das ist ein Plus von acht Prozentpunkten gegenüber dem Wahlergebnis vom 4. März.

Fünf Sterne verharrten bei 32,6 Prozent. In einer Umfrage vom Montag hatte die Lega sogar um zehn Punkte zugelegt, während die Fünf-Sterne-Bewegung drei Punkte einbüßte. In beiden Fällen hätten sie eine klare Mehrheit im Abgeordnetenhaus.

Mattarella hatte am Sonntag den von den Koalitionspartnern vorgeschlagenen Kandidaten für das Schlüsselamt des Wirtschaftsministers abgelehnt. Daraufhin gab der designierte Ministerpräsident der Koalition, der Jusprofessor Giuseppe Conte, den Auftrag zur Regierungsbildung zurück.

"Republikanische Front" gegen Euroskeptiker

Italiens Sozialdemokraten rüsten sich unterdessen für mögliche Neuwahlen. Der scheidende Industrieminister Carlo Calenda, Spitzenpolitiker der Demokratischen Partei (PD), rief seine Gruppierung zur Gründung einer "Republikanischen Front" auf, die die europafreundlichen Kräfte in Italien vereinen sollen.

Ziel sei, bei Neuwahlen mit einem gemeinsamen Parteisymbol aufzutreten. "Wir müssen alle Kräfte der Zivilgesellschaft und jene politische Bewegungen vereinen, die Italien vor der Gefahr des anarchistischen Nationalismus der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung retten wollen", sagte Calenda im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" am Mittwoch. An der Spitze der Republikanischen Front soll demnach der frühere Paolo Gentiloni stehen.

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani warnte indes vor Wahlen im Sommer. Die Gefahr einer niedrigen Wahlbeteiligung sei dann zu hoch. Damit wäre die Wahl verzerrt, warnte der 63-Jährige im Interview mit "Corriere della Sera". Er appellierte an die Lega, auf Pläne zur Bildung einer Regierung mit der Fünf-Sterne-Bewegung zu verzichten. Sollte es zu Wahlen kommen, würde Tajanis konservative Forza Italia mit Ex-Premier Silvio Berlusconi als Spitzenkandidat an den Wahlen teilnehmen. Nach der Aufhebung eines Ämterverbots kann der 81-jährige Berlusconi wieder an Parlamentswahlen teilnehmen. (red, APA, 30.5.2018)