Szene einer Befruchtung aus dem Film "Future Baby".

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"Kinder fremder Mütter" titelte DER STANDARD einen Text in der in der Wochenendausgabe vom 12./13. Mai über Leihmütter. Blickt ein Kind nach der Geburt in die Augen seiner Mutter, so ist sie ihm nach neun Schwangerschaftsmonaten jedoch keineswegs fremd! Bereits zu Beginn des zweiten Schwangerschaftstrimesters vermag das werdende Kind den Körper und die Bewegungen seiner Mutter zu spüren. Ab der 24. Schwangerschaftswoche kann es ihren rhythmischen Herzschlag, ihre Körpergeräusche, ihre Stimme und die Musik, die sie umgibt, hören. Geschmacks- und Sehsinn nehmen auch bereits intrauterin ihre Funktion auf. Ebenso ist der Mutter ihr Baby in seinen Reaktionsweisen und seiner Vitalität, oftmals auch bezüglich seines Aussehens und Geschlechts, zum Zeitpunkt der Geburt vertraut.

Bei Leihmutterschaft wird der Bruch dieses Beziehungsgeschehens, den es meist ungeplant und schicksalhaft auch bei Adoptiv- und Pflegeverhältnissen gibt, bewusst in Kauf genommen, angestrebt und vertraglich abgesichert. Um möglichst wenig Bindung zwischen Mutter und Baby entstehen zu lassen, trägt die Leihmutter heute meist einen ihr aufgrund von anonymer Eizellspende genetisch fremden Embryo aus. Das Baby wird mit Kaiserschnitt entbunden, Blick- und Körperkontakt vermieden, wie auch jüngste Dokumentationen, etwa Maria Arlamovskys "Future Baby" oder Robert Thierrys "Baby á la carte" zeigen.

Emotionale Bruchstellen

Solche Konstruktionen lassen völlig außer Acht, dass sich assistierte Reproduktionstechnologien immer auf ein Drittes beziehen, das seine Entwicklungsbedürfnisse nicht äußern kann. Emotionale Bruchstellen, oftmals auch unbekannte genetische Herkunft und Heimlichkeit bezüglich der Entstehung werden bewusst in Kauf genommen und dabei verleugnet, dass diese die Identitätsfindung spätestens in der Adoleszenz erheblich erschweren.

Elternschaftskompetenz drückt sich dadurch aus, Entscheidungen im Interesse des Kindes als Dritten zu treffen, sowie seine Bedürfnisse anzuerkennen und nicht zu bagatellisieren. Aus Sicht des Kindes ist für alle Formen assistierter Empfängnis, bei denen biologisch Anderer einbezogen werden, eine Vermeidung von Brüchen, die Anerkennung multipler Elternschaft und Offenheit von Anfang an unerlässlich. (Karin J. Lebersorger, 3.6.2018)