Boston – Als am 20. September 2017 der Hurrikan Maria über Puerto Rico hinwegzog, richtete er in dem US-Außengebiet massivste Zerstörungen an. Dennoch fiel laut den Behörden damals die unmittelbare Opferbilanz in Relation zu den großen Verheerungen niedrig aus: 64 Menschen kamen nach offiziellen Angaben durch den Wirbelsturm ums Leben – eine Zahl, die in Wahrheit nur wenig mit der Realität zu tun hat, wie sich nun zeigt.

Ein Team um Nishant Kishore von der Harvard T. H. Chan School of Public Health berichtet nämlich im "New England Journal of Medicine", dass mindesten 70-mal mehr Menschen bei der Naturkatastrophe und ihren Folgen auf der Karibikinsel den Tod fanden: Die Forscher kamen auf 4.645 Opfer. Kishore und seine Kollegen entdeckten das Missverhältnis, nachdem sie anhand von durch Fragebögen erhobenen Daten aus 3299 Haushalten Puerto Ricos die inselweite Sterblichkeit errechneten, die im Vorjahr offensichtlich um 62 Prozent angestiegen war.

Dunkelziffer noch höher

Die Wissenschafter stellten fest, dass allein ein Drittel der nachgewiesenen Todesfälle auf den Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung auf der Insel nach dem Hurrikan zurückgehen. Doch diese Zahlen alleine dürften immer noch nicht das wahre Ausmaß der Katastrophe abbilden. Verlassene Häuser etwa wurden bei den Erhebungen durch Fragebögen naturgemäß nicht berücksichtigt.

Wegen des zerstörten Kommunikationsnetzes und beschädigter Infrastruktur erreichten Hilfslieferungen nach dem Sturm nur langsam die Betroffenen. Die Insel hat bis heute gravierende Probleme mit der Stromversorgung. Bereits direkt nach Maria war berichtet worden, dass in den ersten Wochen wegen der ungewöhnlich schlechten Versorgung der Einwohner viel mehr Menschen gestorben waren als nach einer solchen Katastrophe üblich. Die US-Regierung unter Donald Trump war für mangelhafte Hilfe scharf kritisiert worden. (red, 31.5.2018)