Passt dieses Kreuz zu uns? Die Behördenleiter werden es schon wissen, ist man im bayerischen Innenministerium überzeugt.

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Mit der Bayerischen Staatsbibliothek in München dürfte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zufrieden sein. Schon ein paar Tage vor dem 1. Juni wurde dort ein Kreuz aufgehängt – ein 35 Zentimeter großes, schlichtes mattiertes Stahlkreuz, wie Sprecher Peter Schnitzlein der "Süddeutschen Zeitung" berichtet. Die Kosten halten sich im Rahmen: 59 Euro waren zu berappen, erworben wurde das Kreuz bei einem Fachgeschäft für Kirchenbedarf.

Wie die Einrichtung dazu steht, wollte Schnitzlein nicht kommentieren: "Die Staatsbibliothek ist eine Behörde des Freistaats Bayern, für die gilt der Erlass, und entsprechend setzen wir den um."

Viele Behörden betroffen

Jedenfalls: Die Staatsbibliothek hat schon erledigt, was anderen ab diesem Freitag noch bevorsteht. "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." So heißt es in Paragraf 28 der Geschäftsordnung für bayerische Behörden, die am Freitag in Kraft tritt.

Wie viele Behörden betroffen sind, konnte das bayerische Innenministerium vor einigen Tagen auf Anfrage des STANDARD nicht mitteilen. Und freiwillig das Kreuz an die Wand hängen mochte auch nicht jeder, es regte sich Widerstand.

"Bei uns wird in der Sache gar nichts gemacht. Es ist schwierig, in einer zeitgenössischen Institution, die sich mit der Freiheit der Kunst beschäftigt, ein solches Zeichen zu setzen", erklärte Eva Kraus, die Direktorin des staatlichen Neuen Museums in Nürnberg, und teilte ihre Bedenken auch dem Kunstministerium mit.

Widerstand in Nürnberg

In der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg war man über den Erlass auch nicht glücklich und beschloss zunächst, diesen so zu interpretieren, dass er die Akademie gar nicht betrifft.

Offenbar gab es einige Verwirrung darüber, wer denn nun wo ein Kruzifix anzubringen habe. Nun stellte eine Sprecherin des bayerischen Kunst- und Wissenschaftsministeriums klar: "Die Verpflichtung, Kreuze im Eingangsbereich anzubringen, gilt auch für alle Behörden im Bereich des Kunst- und Wissenschaftsministeriums, mit Ausnahme der Hochschulen, Theater und Museen." Oliver Platzer, der Sprecher des CSU-geführten Innenministeriums in Bayern, präzisierte den Erlass ebenfalls.

Keine Sanktionen

Seine Empfehlung: "Die Behördenleiter sollen das Kreuz so aufhängen, wie sie es für richtig halten. Wir setzen voraus, dass die jeweilige Behördenleitung die Allgemeine Geschäftsordnung kennt und danach handelt." Aber ein paar Tipps gibt es doch: "Passt vielleicht in einen Altbau im konkreten Fall ein geschreinertes Holzkreuz besser, ist in einem modernen Neubau vielleicht ein Kreuz aus Stahl oder Glas überzeugender."

Sanktionen für Verweigerer soll es übrigens nicht geben: "Wir sehen keinen Anlass zu einer Überprüfung – und freuen uns über jedes Kreuz, das hängt." Die Opposition in Bayern ist zwar mit dem Kreuzerlass nicht einverstanden. Daraus, dass die Umsetzung nun etwas lax gehandhabt wird, zieht sie ihre eigenen Schlüsse.

"Der Kreuzerlass soll offensichtlich sang- und klaglos beerdigt werden", sagt die religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und Landtagsvizepräsidentin, Ulrike Gote.

Runder Tisch geplant

SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher meint, dass die Behördenleiter den Erlass unterliefen und Söder ihn auch nicht ernst nehme: "Denn er legt ja nun offenbar keinen gesteigerten Wert drauf, dass seine staatlichen Anordnungen auch vollzogen werden." Söder gehe es "offensichtlich nur um den kurzfristigen Zauber des Wahlkampfaugenblicks".

Um die Wogen zu glätten, will Ministerpräsident Söder Mitte Juni einen runden Tisch zu Werten, Kultur und Identität einberufen, auch Vertreter der Religionen sollen teilnehmen. Der "Bund für Geistesfreiheit" in Bayern lässt bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen den Kreuzerlass prüfen. (Birgit Baumann aus Berlin, 1.6.2018)