Rom – Mittlerweile wollen sie von ihren Plänen nichts mehr wissen, besonders jetzt, wo die konkrete Möglichkeit besteht, dass sie schon in wenigen Tagen – oder auch erst nach baldigen Neuwahlen – Italien regieren werden. Doch die Euro-Ausstiegspläne vergangener Tage belasten die rechtsradikale Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung weiter. Nun, da wieder ein konkreter Plan debattiert wird, den vor einigen Jahren Paolo Savona publik gemacht hat, jener Mann, der als Finanzminister der Populistenregierung vorgesehen war und an dessen Bestellung der Versuch einer Regierungsbildung jüngst noch gescheitert ist.

Paolo Savona wird nun wohl doch nicht Italiens Finanzminister.
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Es handelt sich dabei um eine Art Kommandoaktion: Der Ausstieg, so Savona, solle von wenigen Eingeweihten – dem Premier, dem Finanz- und Wirtschaftsminister, dem Notenbankchef und wenigen anderen – unter strikter Geheimhaltung vorbereitet und dann am Freitagabend nach Börsenschluss dem Land und den europäischen Partnern bekanntgegeben werden. Über das Wochenende sollen dann mindestens acht Milliarden Euro an Münz- und Papiergeld angefertigt werden, die ab dem folgenden Montag als "neue Lire" in Umlauf gebracht werden.

Unwissen und genaue Pläne

Die beiden Parteien, die am Donnerstag erneut über eine Regierung sprachen, dementierten freilich erneut entsprechende Gerüchte: "Davon haben wir nie gesprochen, das ist nicht auf der Tagesordnung, und es steht auch nicht im Koalitionsvertrag zwischen den Cinque Stelle und der Lega", betonte am Mittwoch Giuseppe Conte, der plötzlich wieder als Premier einer populistischen Regierung im Gespräch war. Das versicherte vor drei Tagen auch der Politikchef der Cinque Stelle, Luigi Di Maio. Und selbst Savona selbst wollte von einem Verlassen der Einheitswährung plötzlich nichts mehr wissen.

Doch Savonas Plan löst Unruhe aus, auch weil er so detailliert ist: Um einen Run auf die Banken und eine massive Kapitalflucht zu verhindern, würden die meisten Banken ab dem folgenden Montag geschlossen bleiben; gleichzeitig würden strenge Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Der Wechselkurs der neuen Lira zum Euro würde auf eins zu eins festgelegt; später sollte die Währung dann um 15 bis 25 Prozent abgewertet werden, um die italienische Exportwirtschaft wieder konkurrenzfähiger zu machen. Nicht nur die privaten Bankeinlagen würden von Euro in neue Lire gewechselt, sondern auch die italienische Staatsschuld von 2,3 Billionen Euro – wobei ein Konkurs nicht ausgeschlossen wird.

Ein Plan als Drohung

Publiziert wurde der Plan schon Anfang Oktober 2015 auf dem Internetportal Scenari Economici (Wirtschaftliche Szenarien), wo er unter dem Titel "Piano B – Guida pratica per l’uscita dall’Euro" (Plan B – Praktische Anleitung zum Ausstieg aus dem Euro) immer noch zu finden ist. Sein Autor Savona sollte nach dem Willen von Lega-Chef Matteo Salvini in einer Regierung aus Cinque Stelle und Lega Finanz- und Wirtschaftsminister werden. Das hatte Staatspräsident Sergio Mattarella abgelehnt – worauf die Bildung einer Populistenregierung zunächst vom Tisch war. Nach der Lektüre des Plans versteht man Mattarella umso besser.

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Im Vorwort zu ihrem Ausstiegsszenario schreiben Savona und seine Mitautoren, dass die Rückkehr zu einer eigenen Währung eine zentrale Voraussetzung darstelle, um die nationale Souveränität und Handlungsfähigkeit in der Finanz- und Wirtschaftspolitik zurückzuerlangen. Über einen sofort umsetzbaren Plan B zu verfügen habe aber auch noch einen zweiten Vorteil: Es handle sich um eine wirksame "Drohkulisse". Oder, anders gesagt: Man muss gar nicht zwingend aus dem Euro aussteigen – man muss nur glaubhaft damit drohen können. Eine Volksabstimmung ist in Savonas Plan nicht vorgesehen: Sie wäre mit der geheimen Vorbereitung des Ausstiegs unvereinbar. Und kontraproduktiv, denn laut Umfragen lehnen zwischen 65 und 70 Prozent der Italiener einen Ausstieg ab. Die EU wäre zweifellos gut beraten, auch für sich einen Plan B zu haben. (Dominik Straub aus Rom, 31.5.2018)