Österreich stehe ein Verlust von 82 Millionen Euro an EU-Mitteln im Jahr bevor, sagt Landwirtschaftsministerin Köstinger. "Das ist ein echter Angriff auf den Umweltschutz, die bäuerlichen Familienbetriebe und den ländlichen Raum. Hier erwarten wir uns deutliche Nachschärfungen."

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Bauernvertreter prophezeien trübe Zeiten für heimische Landwirte.

Wien – "Es ist ein ehrgeiziger, ausgewogener und realistischer Vorschlag." Mit diesen Worten eröffnete EU-Agrarkommissar Phil Hogan die Präsentation zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die ab 2020 in Kraft treten wird. Tatsächlich ist der Vorschlag, der noch von dem EU-Parlament und dem Rat abgesegnet werden muss, um einiges weicher als bisher angenommen.

Aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Datengrundlage können geringfügige Abweichungen von den tatsächlichen Zahlen auftreten.

So sollen Direktzahlungen im Agrarbereich zwar gedeckelt werden, Mitgliedsstaaten dürfen jedoch selbst entscheiden, ob die Obergrenze bei 60.000 oder 100.000 Euro pro Betrieb liegen wird. Bei der Verteilung würde auch die Arbeitsleistung der Betriebe berücksichtigt werden, versicherte Hogan am Freitag.

In Österreich wären etwas mehr als 250 Betriebe von einem sogenannten "Capping" in der Höhe von 60.000 Euro betroffen. Bei 100.000 Euro wären es rund 80 Betriebe. "Jede Bemühung in Richtung Förderobergrenze sehen wir sehr positiv", kommentierte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) den Vorschlag. Laut der Ministerin sollten "bäuerliche Familienbetriebe und nicht Agrarfabriken" das Zukunftsmodell in Europa sein.

"Das ist ein echter Angriff auf den Umweltschutz, die bäuerlichen Familienbetriebe und den ländlichen Raum. Hier erwarten wir uns deutliche Nachschärfungen", sagte Köstinger zum Vorschlag.
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Insgesamt wird das Agrarbudget in der Periode 2021-2017 von 408 auf rund 365 Milliarden Euro schrumpfen. Für Österreich bedeutet das eine Reduktion von 27,5 Millionen Euro im Bereich der Direktzahlungen und ein Minus von 82 Millionen Euro in der zweiten Säule der GAP, der ländlichen Entwicklung. Anders als bisher wird den einzelnen Mitgliedsstaaten künftig die Möglichkeit eingeräumt bis zu 15 Prozent der EU-Gelder von einer Säule auf die andere zu übertragen.

Mittel umverteilen

Auch in anderen Bereichen will die EU-Kommission den Staaten mehr Freiheit geben: Mittel, die durch die Deckelung frei werden, sollen innerhalb der Mitgliedsstaaten an kleinere Betriebe umverteilt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Agrarstrukturen könne jedes Land dabei selbst entscheiden, bis zu welcher Größe ein Betrieb als "klein" angesehen wird.

Neben der Förderung von Jungbauern – sie werden mindestens zwei Prozent der Gelder in der der ersten Säule erhalten – soll in der nächsten GAP-Periode auch die Bürokratie abgebaut werden. Kleine Landwirte können künftig etwa Pauschalbeträge für Förderungen ansuchen. Geplant ist auch ein EU-weites Monitoring der Agrarmaßnahmen. Sollten diese nicht eingehalten werden, "wird auch Sanktionen geben", sagte Hogan.

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EU-Agrarkommissar Phil Hogan präsentierte am Freitag den Vorschlag der EU-Kommission.
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Geht es nach der Kommission, so soll künftig 40 Prozent aller Ausgaben im Agrarbereich in den Klima- und Umweltschutz fließen: "Das ist doppelt so viel wie bisher", sagte der Agrarkommissar. Dennoch stößt der Vorschlag zahlreichen Umweltorganisationen sauer auf. Leonore Gewessler, Geschäftsführerin der NGO Global 2000 nannte den Reformvorschlag etwa "eine vertane Chance". Die EU würde weiter auf flächenabhängige Zahlungen beharren, anstatt Bauern beim Umbau Richtung umweltfreundliche Landwirtschaft zu unterstützen.

Gute Verhandlungsgrundlage für Bauernbund

Bauernvertreter nannten den Vorschlag eine "gute Verhandlungsgrundlage". Die Kürzungen im Bereich der ländlichen Entwicklung seien jedoch "völlig inakzeptabel", sagte Bauernbundpräsident Georg Strasser. Selbiges kritisierte Ministerin Köstinger. Auch der ÖVP-EU-Abgeordnete Othmar Karas, ortete in dem Vorschlag "einige positive Punkte, aber auch inakzeptable Einschnitte". Mit den Kürzungen in der zweiten Säule werde sich Österreich "auf keinen Fall abfinden".

Naturgemäß warnte auch Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, vor den Kürzungen im Agrarbereich. Volle Leistung bei weniger Geld sei keine Option, Österreich würde bei der geplanten Reform zu den "großen Verlierern" gehören. (Text: Nora Laufer, Grafik: Sebastian Kienzl, Hans Pagel, 1.6.2018)