Herr K. aus Österreich machte Urlaub in Italien und Frankreich. Dabei verwendete er sein Mobiltelefon für Anrufe in die Schweiz. Der Vertrag bei seinem österreichischen Betreiber beinhaltet auch normale Auslandsverbindungen in die Schweiz im Ausmaß von 400 Minuten. Bei der Einreise nach Italien (beziehungsweise Frankreich) erhielt er nachstehende SMS: "Lieber Kunde, willkommen in Italien! Hier nutzen Sie Ihren Tarif (Minuten, Daten, SMS, MMS) ohne Zusatzkosten wie daheim. […]" Aufgrund dieser SMS war Herr K. der Annahme, dass auch Verbindungen in die Schweiz von der monatlichen Minutenpauschale abgedeckt seien. Jedoch verrechnete ihm sein Betreiber hierfür fast 200 Euro. Einen Einspruch gegen die Rechnung lehnte dieser mit der Begründung ab, dass Telefonate in die Schweiz von der EU-Roaming-Regulierung namens "Roam Like At Home" nicht erfasst seien.

Die Schlichtung mit Herrn K. und dem Handy-Unternehmen

Herr K. wandte sich an die Schlichtungsstelle für Telekommunikation bei der Rundfunk und Telekom-Regulierungs-GmbH (RTR). Nach Prüfung der beiderseitigen Argumente erstellte die RTR-Schlichtungsstelle einen Lösungsvorschlag zugunsten von Herrn K.

Grundsätzlich war dem Betreiber zuzustimmen, dass Telefonate aus einem EU-Mitgliedstaat in die Schweiz nicht unter die Roaming-Regulierung fallen. Bei Telefonaten aus einem EU-Mitgliedstaat in ein Nicht-EU-Land handelt es sich nämlich nicht um einen regulierten Roamingdienst, sondern um Auslandstelefonie.

Roaming und Auslandstelefonie können zu teuren Verwechslungen führen.
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Aufgrund der Formulierung der gegenständlichen SMS konnte Herr K. jedoch davon ausgehen, dass die Telefonate in die Schweiz, wie jene von Österreich aus, von seinem Tarif umfasst sind. Zu berücksichtigen war dabei, dass die Roaming-Verordnung vorsieht, dass der Endkunde eine personalisierte Informations-SMS bei der Einreise erhalten muss. Die vom Betreiber im konkreten Fall gewählte, nicht individuelle Formulierung entsprach daher nicht der Vorgabe der Roaming-Verordnung. Gleichzeitig weiß Herr K. spätestens seit dem Zeitpunkt der Rechnungslegung darüber Bescheid, dass diese Telefonate vom EU-Ausland in Drittstaaten nicht unter die Regulierung der Roaming-Verordnung fallen. Zukünftig muss er davon ausgehen, dass diese Gespräche aus seinem "Schweiz-Paket" im Roamingfall extra verrechnet werden.

Der Lösungsvorschlag der RTR-Schlichtungsstelle wurde von beiden Seiten angenommen. Herr K. musste die fast 200 Euro nicht bezahlen. Weiters wurde vom Betreiber der Text der Informations-SMS geändert, um derartige Missverständnisse für alle Kunden aus dem Weg zu räumen.

Quick Facts – "Roam Like At Home"

  • Die Roaming-Verordnung (TSM-VO) der EU gilt seit 15. Juni 2017, sie regelt unter anderem, dass außerhalb von Österreich mit österreichischer SIM-Karte, aber innerhalb der EU sowie in Liechtenstein, Norwegen und Island (EWR), jedes Telefonat, jede SMS und jedes Gigabyte gleich viel wie daheim kostet ("Roam Like At Home").
  • Endkunden müssen eine personalisierte Informations-SMS bei der Einreise in das jeweilige EWR-Land pro Abrechnungsperiode erhalten. Die SMS muss über die konkreten Freieinheiten beziehungsweise Kosten beim Roaming innerhalb des eigenen Tarifs aufklären. Es darf keinen gesonderten Roaming-Aufschlag mehr geben.
  • Der Betreiber ist nicht verpflichtet, Roamingdienste anzubieten. Achten Sie deshalb bei der Wahl Ihres Tarifes darauf, dass dieser auch Ihre gewünschten Leistungen enthält. Zu einem Tarif ohne Roaming ist die Zubuchung von Roaming nicht möglich.
  • Ausnahmen für die Verrechnung sind die Fair‑Use‑Policy oder die Tragfähigkeitsklausel der Roaming-Verordnung.
  • Die Regelungen der Roaming-Verordnung gelten nicht auf Schiffen und in Flugzeugen.
  • Verwechseln Sie Roaming nicht mit Auslandstelefonie! Die Vorteile der Verordnung gelten nur für das Roaming im EWR. Wenn Sie mit Ihrer österreichischen SIM-Karte aus Österreich ins Ausland anrufen, handelt es sich um Auslandstelefonie. Diese wird herkömmlich vom Betreiber verrechnet. Die genauen Tarife finden Sie in Ihren Vertragsunterlagen.

Was können Sie tun, wenn Sie der Meinung sind, Ihnen wurden zu Unrecht Entgelte für das Roaming verrechnet?

Als erstes richten Sie bitte eine schriftliche Beschwerde an Ihren Betreiber. Tun Sie das möglichst rasch, denn die Betreiber sind dazu verpflichtet, die Daten hinter der Verrechnung nach drei Monaten zu löschen. Nach diesem Zeitraum ist es für Sie weit schwieriger, einen Fehler zu beweisen. Wenn die Antwort auf Ihre Beschwerde für Sie nicht zufriedenstellend ist, können Sie bei der RTR‑Schlichtungsstelle für Telekommunikation ein Schlichtungsverfahren einleiten. (Joachim Leitner, Gregor Gradnig, 13.6.2018)

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